Freitag, 17. April 2015

Stephen King - Schwarz & Drei

Ich habe nach langen Jahren Frieden mit dem König geschlossen.

Meine ersten Versuche Ende der Neunziger, mich mit dem ein oder anderen Buch von Stephen King zu beschäftigen, scheiterten kläglich. Er hat mich schlicht und einfach nicht erreicht. Zuerst las ich damals den Roman „Es“, dessen Verfilmung mir bereits bekannt war. Vielleicht lag darin die Krux, der Roman schien mir so langatmig, stellenweise wirr. Ich habe ihn nach etwa der Hälfte weggelegt und irgendwann verschenkt. Damit gehört „Es“ wohl zu einem von weniger als zehn Büchern in meinem ganzen Leben, die ich begonnen, aber nicht beendet habe.

Ich weiß noch, dass ich mir ein paar Jahre später „Das Schwarze Haus“ gekauft habe, ich kann mich an die Aufmachung des Buches erinnern, merkwürdiger Weise aber nicht im Geringsten an den Inhalt. Ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich es angelesen habe oder aufgrund der Tatsache, dass ich den Autor auf eine mentale Bannliste gesetzt habe, schlicht und ergreifend nie angefasst habe.

Mein ersten wirklich gelesener King war der 2006 erschienene Roman „Puls“, der mir damals zum Geschenkt gemacht wurde. Ich lese jedes geschenkte Buch grundsätzlich, alleine schon aus Respekt dem Schenkenden gegenüber, der sich hoffentlich bei seiner Auswahl etwas gedacht hat. So auch „Puls“. Offen gesagt, ich fand es unterdurchschnittlich. Das mag unter anderem daran liegen, dass ich Zombieszenarien in Buchform nicht sonderlich mag, oder an der Tatsache, dass ich die stets präsente Technikverteufelung nicht als ironisch, sondern als unreflektiert und lehrerhaft empfinde.

Warum es einen erneuten Anlauf gab?

Immer wieder war mein Umfeld voll mit Lob über diesen Autor. Ihm wird immer wieder bescheinigt, die Fähigkeit zu besitzen, seinen Charakteren eine besondere Tiefe zu verleihen und dadurch selbst den abstrusesten Handlungssträngen immense Glaubwürdigkeit zu geben. Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe ganz spontan den ersten Band seines vermeintlichen Magnum Opus „Der Dunkle Turm“ erworben und angefangen zu lesen.

Die erste Lesepause machte ich erst, als die Müdigkeit mich eingeholt hatte. Das Buch war zu diesem Zeitpunkt bereits über die Hälfte gelesen. Am nächsten Morgen konsultierte ich meine Badewanne, die ich erst verlassen habe, als das Buch vollständig gelesen war.

Es ist Jahre her, dass mich ein Buch ähnlich gefesselt hat, und das, obwohl mir immer wieder zu Ohren kam, dass der erste Band („Schwarz“) ein zäher Einstieg sei. Ich war gebannt vom Protagonisten. Die Tatsache, dass seine bisherige Reise, seine vorherigen Begegnungen mit dem Mann in schwarz sowie seine gesamte Lebensgeschichte vor dem großen Bruch in seinem Leben nur Bruchstückhaft, teils wirr und mit großen Sprüngen aufgedeckt wird (und das auch nur rudimentär, vieles wird gar nicht berichtet) trieb mich immer und immer weiter an. Selbst als King etwas tut, das ich normalerweise bis aufs Blut hasse, bleibe ich am Ball. Ich kann es nämlich grundsätzlich nicht ausstehen, wenn ich beim Lesen in eine fremde, liebevoll gezeichnete Welt eintrete (wie hier in die staubtrockene, postapokalyptische Wüstenwelt), nur um dann in einem krassen Bruch in einer anderen Welt zu landen (hätte ich vorher gewusst, was im zweiten Band abgeht, hätte ich an dieser Stelle geschmunzelt). Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe den ersten Band der Reihe regelrecht verschlungen. King stellt den nebulösen, fragwürdigen Protagonisten (als er das Kind, für das er väterliche Liebe empfindet, in den Tod stürzen lässt, um sein abstruses Ziel zu erreichen, erlangte er eine enorme psychologische Tiefe zu Lasten der Sympathie) über die streng genommen kaum vorhandene Handlung, dieser Umstand konnte mich wider Erwarten am Lesen halten.

Am Tag darauf musste ich konsequenterweise mit dem zweiten Band anfangen – und habe ihn ebenfalls, trotz gesteigertem Umfang, in zwei konspirativen Sitzungen am selben Tag verschlungen. Was soll ich sagen – ich war zuerst sehr verwirrt. Den Ansatz der multiplen Universen hatten wir ja schon andeutungsweise in Band eins. Dass aber der zweite Teil nahezu überhaupt nicht in Rolands Welt stattfindet, sondern die Handlungen durch ominöse Raum- und Zeitsprünge ausgelagert wird, hatte ich gar nicht erwartet. Anstatt mich abzuschrecken hat mich dieser Umstand angezogen.
 
Ich habe umgehend mit dem dritten Band beginnen müssen. Leider ging der Urlaub aber zwischenzeitlich zu Ende, so dass ich mir nun die Zeit, die in diesen faszinierenden Zyklus investieren möchte, mühsam erarbeiten muss – aber ich muss unbedingt wissen, wie die Geschichte in Rolands Welt weitergeht.