Freitag, 4. September 2015

Rob Rock - Rage Of Creation


Die Hitze verschwindet, die Nächte werden endlich länger, die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn nimmt zu, und das Bedürfnis, mich mitzuteilen, wächst.

Das Album, das ich heute hier vorstellen möchte, feierte am 26. Juli seinen fünfzehnten Geburtstag. Im Jahr 2000 erscheinen viele Scheiben, die für mich essentiell sind (Halford – Resurrection, Jacob’s Dream – same, Ayreon – Universal Migrator, Jag Panzer – Thane to the Throne, Helloween – The Dark Ride, Iron Maiden – Brave New World, Nevermore – D.H.I.A.D.W. und viele mehr). Weshalb mir dieses Album auch anderthalb Jahrzehnte später immer noch unglaublich gut gefällt und es sich mindestens so gut gehalten hat, wie die oben genannten? Ich denke, weil es die Welten Rock und Melodic Metal ein Stück weit verbindet, und es treffen US-Songwriting auf europäisches Melodieverständnis – ähnlich wie bei so manchem Riot-Song.

Aber genug geschwafelt, kommen wir zum wichtigen Teil:

The Sun Will Rise Again

Nach dem kurzen Intro direkt ein schnelles Gitarrenlead, flottes Tempo, kurze und schmerlose Strophe und ein Hammerrefrain. Das ist eingängig und melodisch, aber weder zu soft noch – trotz verspieltem Solo – kein neoklassischer Stratovarius-Metal. Hit. Textlich kommt bereits das stets hoffnungsvolle Gemüt des christlichen Double-Rs zum Vorschein, ohne belehrend zu sein oder in den White Metal abzudriften – was ihm seltsamerweise manchmal zum Vorwurf gemacht wird.

One Way Out

Rockiger als der Opener, dennoch flott und auf den Punkt. Erinnert mich ein wenig an seinen ganz kurzfristigen Brötchengeber Pell. Neben dem gelungenen, minimalen Refrain (der manchem sicher zu oft wiederholt wird, wenn auch nie in Maiden-Maßstäben) gefällt vor allem das tolle Solo, das einigen Raum in der kurzen Nummer bekommt. Roy Z. wird als Klampfer unterschätzt.

Judgement Day

Der längste Song des Albums. Stakkatoriffing trifft zu Beginn auf düsteren Gesang, um dann in einem großen Refrain aufzugehen. Später, nach drei Minuten, wird das Tempo angezogen, die Gitarren klassischer. Auf Halfords Crucible – die später erschien und ebenfalls von Roy Z. produziert wurde - gab es manche Stelle, da musste ich an den Song hier denken. Wir haben es hier dennoch nicht mit einem klinischen Pantera- oder Jugulator-Song zu tun, allein schon der Gesang, die Leads und der variable Verlauf der Nummer sorgen für einen oldschooligen Charakter.

Streets Of Madness

Mein Liebling der Scheibe. Man muss beim dramatischen Aufbau und der Gitarrenarbeit zwangsweise an Iced Earth denken, wenn auch nicht mit deren Härtegrad, wofür vor allem der immer melodische Gesang verantwortlich ist. Dieser Song ist einfach ein Hit, fertig aus.

Eagle

Die Harren Rock und Ramirez schaffen hier, was nur ganz wenigen gelingt: sie interpretieren eine Fremdkomposition dermaßen schlüssig und eigenständig, dass daraus ein vollwertiger, eigener Song wird. Ich kenne abgesehen von der priesterlichen Interpretation von Diamonds And Rust kein weiteres Beispiel, wo dies so konsequent umgesetzt wurde. Der schleppende Groove und der unglaublich epische Vortrag von Rock lassen diesen Abba-Song zu einer Perle werden, die an Sabbath mit Dio erinnert. Erhaben und verträumt.

All I Need

Nach drei metallischen Höhepunkten am Stück eine kurze, rockige Verschnaufpause. Das ist toller AOR mit dezent metallischer Kante, in den 80ern mit entsprechendem Airplay hätte ein solcher Song wohl etwas reißen können. Heute sorgt er für mich in erster Linie für Abwechslung und erweitert das Album um eine Facette, ohne jedoch unverzichtbar zu sein.

Media Machine

Im Gegensatz hierzu. Das eröffnende Riff schreit sehr nach Bark At The Moon, was mich aber nur so lange verstimmt hat, bis ich in den Credits gelesen habe, dass tatsächlich Jake E. Lee hier zu hören ist. Rob Rock zeigt hier, wie er einen Song interpretiert, der von Badlands oder Ozzy stammen könnte. Und da er sowohl Ozzy als auch Ray Gillen stimmlich überlegen ist (yeah!) klappt das super. Toller Song, platter Kritiktext hin oder her.

In The Night

Das Liebesballadenintro schreckt zuerst ab, nach dem Intro rettet sich die Nummer aber zu einem passablen Stampfer, der dem Interpreten inhaltlich sicherlich wichtig ist, über „ach ja, hm“ nicht hinauskommt. Im Schlusspart packt Rock kurz hohe Schreie aus, die richtig gut reinlaufen. Schade.

Never Too Late

Wieder an der Grenze von US-Rock zu melodischem Metal, wieder schlicht, aber effektiv. Neben dem Opener der Song, der auf der lyrischen Ebene die Lebenseinstellung Rocks am besten zur Geltung bringt. Entsprechend singt er mit Herzblut und Überzeugtheit – einer der Nummern, die durch die vokale Interpretation auf einen anderen Level gehoben wird – wenn man ähnlich gesangsfixiert wie ich ist und ähnliche stimmliche Vorlieben hat.

Forever

Wieder eine Liebesnummer – love of my life. Himmel, ja, textlich regiert hier der Kitsch, keine Frage. Musikalisch ist alles im grünen Bereich, auch wenn der Solopart dieses Mal wirklich sehr europäisch klingt. Trotzdem gilt, wie beim Vorgänger: der Gesang macht aus einer vermeintlich kitschigen Nullnummer einen gelungenen Song.

Abschließend, nach der ganzen subjektiven Schwärmerei trotz diverser objektiver Kritikpunkte, noch ein paar Worte zum oft gescholtenen Roy Z.: einige seiner Arbeiten als Produzent leiden unter dumpfem Gitarrensound (Accident Of Birth, The Chemical Wedding) oder, was ich schlimmer finde, blechernen Drumsampels (Made Of Metal, Holy Hell). Nicht so bei Rage Of Creation. Meiner Meinung nach ist der Sound absolut stimmig, differenziert und immer auf Rocks Stimme ausgerichtet. Toll. Über die starke gesangliche Leistung braucht man hoffentlich keine Worte zu verlieren, Rob gehört zweifelsohne zu den allergrößten seines Metiers.

Ein wenig bedauere ich, dass nach immerhin 4 Soloalben zwischen 2000 und 2007 bislang keine weiteren nachkamen – wobei man anmerken muss, dass die Scheiben 2 bis 4 zwar gut, aber nicht so herausragend wie die Rage Of Creation sind.

Auf die nächsten 15 Jahre!

Donnerstag, 11. Juni 2015

Shane McKenzie – Geil auf Sex und Tod

Mein dreizehnter Festa-Extrem (ich habe chronologisch mit der eins angefangen und seitdem alle Bände gelesen, derzeit fehlt mir noch der kürzlich erschienene vierzehnte Band, der aufgrund angehäuftem Lesestoff noch ein wenig warten muss) hat nicht nur den beknacktesten, plakativsten Titel, der mir je untergekommen ist, und ist außerdem in meinen Augen qualitativ deutlich unter den schwächeren Festa-Extrem-Titeln angesiedelt. Es ist das erste Buch dieser Reihe, von dem ich enttäuscht bin (und das nicht mit den Augen einen Lesers, den diese Serie aufgrund der obszönen und gewaltverherrlichenden Inhalte eh abschreckt, sondern mit den Augen eines Fans).

Der Einstieg und die Charakterisierung des Protagonisten gefielen mir noch ganz gut. Der gehänselte, unansehnliche und unreinliche Gary, der am Leben total gescheitert ist und selbst bei Jüngeren als Bully herhalten muss, hat Potential. Mit Auftreten der Fresslinge wurde der eigentliche Plot eingeleitet. Was mit dem ersten Vieh noch ein paar Seiten lang funktioniert hat, ging mit dem Zweiten dann den Berg runter. Die Zerstörungsorgie aus Gewalt und Sex, die das letzte Drittel des Buches ausmacht, packt mich überhaupt nicht.

Während ich bei anderen Extremfestas bedauert habe, dass sie unter kurzem Umfang leiden, war ich hier froh, an einem Nachmittag das Ende zu erreichen.

Ein Ausrutscher bei dreizehn Bänden ist aber beileibe kein Beinbruch, zumal es auch Stimmen gab, die diesen band mochten. Am Ende eben reine Geschmackssache. Abschließend noch mein persönliches Ranking aller bisher gelesenen Festa-Extrem-Bände, beim Besten angefangen, beim Schwächsten aufgehört:
 
1.       Muschelknacker
2.       Der Teratologe
3.       Willkommen in Hell, Texas
4.       Das Schwein
5.       Monstersperma
6.       Goon
7.       Quäl das Fleisch
8.       Sein Schmerz
9.       Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
10.   Buk und Jimmy ziehen nach Westen
11.   Population Zero
12.   Eine Nacht in der Hölle
13.   Geil auf Sex und Tod

Freitag, 17. April 2015

Stephen King - Schwarz & Drei

Ich habe nach langen Jahren Frieden mit dem König geschlossen.

Meine ersten Versuche Ende der Neunziger, mich mit dem ein oder anderen Buch von Stephen King zu beschäftigen, scheiterten kläglich. Er hat mich schlicht und einfach nicht erreicht. Zuerst las ich damals den Roman „Es“, dessen Verfilmung mir bereits bekannt war. Vielleicht lag darin die Krux, der Roman schien mir so langatmig, stellenweise wirr. Ich habe ihn nach etwa der Hälfte weggelegt und irgendwann verschenkt. Damit gehört „Es“ wohl zu einem von weniger als zehn Büchern in meinem ganzen Leben, die ich begonnen, aber nicht beendet habe.

Ich weiß noch, dass ich mir ein paar Jahre später „Das Schwarze Haus“ gekauft habe, ich kann mich an die Aufmachung des Buches erinnern, merkwürdiger Weise aber nicht im Geringsten an den Inhalt. Ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich es angelesen habe oder aufgrund der Tatsache, dass ich den Autor auf eine mentale Bannliste gesetzt habe, schlicht und ergreifend nie angefasst habe.

Mein ersten wirklich gelesener King war der 2006 erschienene Roman „Puls“, der mir damals zum Geschenkt gemacht wurde. Ich lese jedes geschenkte Buch grundsätzlich, alleine schon aus Respekt dem Schenkenden gegenüber, der sich hoffentlich bei seiner Auswahl etwas gedacht hat. So auch „Puls“. Offen gesagt, ich fand es unterdurchschnittlich. Das mag unter anderem daran liegen, dass ich Zombieszenarien in Buchform nicht sonderlich mag, oder an der Tatsache, dass ich die stets präsente Technikverteufelung nicht als ironisch, sondern als unreflektiert und lehrerhaft empfinde.

Warum es einen erneuten Anlauf gab?

Immer wieder war mein Umfeld voll mit Lob über diesen Autor. Ihm wird immer wieder bescheinigt, die Fähigkeit zu besitzen, seinen Charakteren eine besondere Tiefe zu verleihen und dadurch selbst den abstrusesten Handlungssträngen immense Glaubwürdigkeit zu geben. Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe ganz spontan den ersten Band seines vermeintlichen Magnum Opus „Der Dunkle Turm“ erworben und angefangen zu lesen.

Die erste Lesepause machte ich erst, als die Müdigkeit mich eingeholt hatte. Das Buch war zu diesem Zeitpunkt bereits über die Hälfte gelesen. Am nächsten Morgen konsultierte ich meine Badewanne, die ich erst verlassen habe, als das Buch vollständig gelesen war.

Es ist Jahre her, dass mich ein Buch ähnlich gefesselt hat, und das, obwohl mir immer wieder zu Ohren kam, dass der erste Band („Schwarz“) ein zäher Einstieg sei. Ich war gebannt vom Protagonisten. Die Tatsache, dass seine bisherige Reise, seine vorherigen Begegnungen mit dem Mann in schwarz sowie seine gesamte Lebensgeschichte vor dem großen Bruch in seinem Leben nur Bruchstückhaft, teils wirr und mit großen Sprüngen aufgedeckt wird (und das auch nur rudimentär, vieles wird gar nicht berichtet) trieb mich immer und immer weiter an. Selbst als King etwas tut, das ich normalerweise bis aufs Blut hasse, bleibe ich am Ball. Ich kann es nämlich grundsätzlich nicht ausstehen, wenn ich beim Lesen in eine fremde, liebevoll gezeichnete Welt eintrete (wie hier in die staubtrockene, postapokalyptische Wüstenwelt), nur um dann in einem krassen Bruch in einer anderen Welt zu landen (hätte ich vorher gewusst, was im zweiten Band abgeht, hätte ich an dieser Stelle geschmunzelt). Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe den ersten Band der Reihe regelrecht verschlungen. King stellt den nebulösen, fragwürdigen Protagonisten (als er das Kind, für das er väterliche Liebe empfindet, in den Tod stürzen lässt, um sein abstruses Ziel zu erreichen, erlangte er eine enorme psychologische Tiefe zu Lasten der Sympathie) über die streng genommen kaum vorhandene Handlung, dieser Umstand konnte mich wider Erwarten am Lesen halten.

Am Tag darauf musste ich konsequenterweise mit dem zweiten Band anfangen – und habe ihn ebenfalls, trotz gesteigertem Umfang, in zwei konspirativen Sitzungen am selben Tag verschlungen. Was soll ich sagen – ich war zuerst sehr verwirrt. Den Ansatz der multiplen Universen hatten wir ja schon andeutungsweise in Band eins. Dass aber der zweite Teil nahezu überhaupt nicht in Rolands Welt stattfindet, sondern die Handlungen durch ominöse Raum- und Zeitsprünge ausgelagert wird, hatte ich gar nicht erwartet. Anstatt mich abzuschrecken hat mich dieser Umstand angezogen.
 
Ich habe umgehend mit dem dritten Band beginnen müssen. Leider ging der Urlaub aber zwischenzeitlich zu Ende, so dass ich mir nun die Zeit, die in diesen faszinierenden Zyklus investieren möchte, mühsam erarbeiten muss – aber ich muss unbedingt wissen, wie die Geschichte in Rolands Welt weitergeht.

Donnerstag, 26. Februar 2015

Mission 200x - Pt. 3

2006.1 – Communic – Fooled By The Serpent

Communic haben bei mir vor fast zehn Jahren – wie bei einem großen Teil der Szene – mit Ihrem Debut richtig eingeschlagen. Das zweite Album konnte dessen Niveau, abgesehen vom natürlich nicht mehr vorhandenen Überraschungseffekt, halten. „Fooled By The Serpent“ ist mein Höhepunkt des Albums. Technisches Thrashriffing, ausdrucksstarker Gesang (der weniger an Nevermore erinnert als noch auf dem Debut), und ein emotionaler Refrain sowie tiefgehenden Gitarrensoli. Ein Musterbeispiel für zeitgemäßen, harten Progmetal.

2006.2 – Falconer – Northwind

Ich kenne keine Band, die es wie Falconer schafft, schunkelige, folkige Melodien metallisch darzubieten, ohne den ausgelatschten Pagan-Kitsch-Pfad zu bestreiten. Dazu ist wahrscheinlich alleine schon der ausgebildete Gesang des Musicaldarstellers Blad zu erhaben. Northwind ist für mich absolute Gute-Laune-Musik, die dennoch nie zu fröhlich oder gar lustig wird.

2006.3 – Pharaoh – By The Night Sky

Was soll ich über dieses makellose Heiligtum noch Worte verlieren… Dieser Song ist nicht weniger als der perfekte US-Metal-Song. Klar in der NWOBHM verwurzelt (die ersten zwei Minuten hätten Maiden auch zu Ihrer Hochphase nicht besser komponieren können), roh und energisch, dabei aber musikalisch vielschichtig und verspielt, gekrönt von einem herausragenden Sänger und einem der besten Refrains der Menschheitsgeschichte. Ich schwärme, ich weiß.

2007.1 – Candlemass – Of Stars And Smoke

Ich war beinharter Fan der Marcolin-Ära (die Klasse von Chapter VI beispielsweise hat sich mir erst spät erschlossen), und war entsprechend frustriert, dass er sich nach dem wirklich guten Comeback wieder mit der Band überworfen hat. Dass sein Nachfolger Lowe ein richtig guter Sänger ist, war mir bekannt, dass er die Lücke aber nahtlos schließt und seinen Vorgänger fast vergessen machen kann, das habe ich mir nicht erträumen können. „King Of The Grey Island“ – das stärkste der drei hochklassigen Lowe-Alben – beinhaltet mit „Of Stars And Smoke“ nicht weniger als den einzigen Candlemass-Song, der den Überhits „Solitude“ und „Samarithan“ ebenbürtig ist.

2007.2 – Darkthrone – F.O.A.D.

Ich bin kein Black Metal Fan, aber alles, was Darkthrone seit ihrem stilistischen Bruch abgeliefert haben, rennt bei mir offene Türen ein. Dieser räudige Rotz, das pure Punkfeeling und die Underground-Einflüsse, die sie ihrem garstigen Black Metal beimengen, machen sie einzigartig. Dass man das als Schwarzalbenheimer nicht mehr abkann, ist verständlich. Dass Schöngeister daran zu Grunde gehen ebenso. Der Titeltrack „Fuck Of And Die“ ist nur exemplarisch für verdammt viele tolle Brecher auf der Scheibe.

2007.3 – Rush – Far Cry

Dass Rush kein schlechtes Album aufnehmen können, ist Gesetz. Dass sie es aber 2007 noch einmal geschafft haben, qualitativ mit ihren ganz großen Alben mitzuhalten, hat mich überrascht. Ich halte die „Snakes & Arrows“ für das beste Album seit der „Moving Pictures“. Das Album ist reif, erwachsen, von Lebenserfahrung geprägt, nachdenklich und tiefgründig. „Far Cry“, das heißt komplexes Rhythmusspiel, charakteristische Powerchords und typische Gesangslinien. Toll.

2008.1 – Ayreon – Beneath The Waves

Lucassen kann – seinen Aussagen in einigen Interviews zu Folge – sein 2007er-Album nicht mehr sonderlich gut leiden. Zu anstrengend empfand er wohl den Aufnahmeprozess, die Songs seien zu sehr überfrachtet mit Sängern. Mir geht es genau anders, ich liebe die zahlreichen stimmlichen Facetten auf dieser Doppel-CD. Die Songs sind wieder ausladender als auf dem kompakteren Vorgänger, die Stimmung erinnert mich an die Migrator-Alben, jedoch mit den warmen Melodiebögen der Electric Castle. Die ruhigeren Songs – wie eben „Beneath The Waves“ - lassen den tollen Sythies und grandiosen Gesängen ausreichend Platz. Es ist mir ein Rätsel, was Lucassen seinen Gästen in den Tee rührt, aber auffallend ist, dass jeder Sänger, der Teil eines Ayreon-Albums sein durfte, bei ihm immer noch ein bisschen besser klingt als in seinem gewohnten Umfeld. Absolut faszinierend.

2008.2 – The Devil’s Blood – Voodoo Dust

Der Duden definiert Hype als „besonders spektakuläre, mitreißende Werbung, die eine euphorische Begeisterung für ein Produkt bewirkt“. Das war bei „The Devil’s Blood“ zu EP- und Debutzeiten sicher der Fall. Ich gehöre aber zu denen, die der Meinung sind, dass das abgelieferte Songmaterial diese Euphorie absolut gerechtfertigt hat. Die zehnminütige Nummer „Voodoo Dust“ ist im Kern – losgelöst von spinnerten Ideologien, die mir sonst wo vorbeigehen – nichts anderes, als die Essenz des Hardrocks der späten Sechziger und frühen Siebziger. Alleine schon die zwei ausufernden Gitarrensoli in diesem Song setzen Maßstäbe, ein Blackmore hätte diese nicht besser hinbekommen.

2008.3 – Warrel Dane – Brother

Dane hat es auf seinem mit Hilfe von Produzent und Songwriter Peter Wichers entstandenen Soloalbum hörbar genossen, anstelle innerhalb von groß angelegten, bis ins letzte gefüllten Nevermore-Songs agieren zu müssen, simple, reduzierte Songstrukturen vorgesetzt zu bekommen. Das minimalistisch arrangierte „Brother“ nutzt er, um den vielleicht größten emotionalen Tiefgang seiner ganzen Laufbahn in seine Stimme zu legen. Großartig.

2009.1 – Heaven & Hell – Bible Black

Leider das letzte Studio-Album von Ronny James Dio. Es ist faszinierend, dass seine Stimme im Alter nicht an Kraft verloren, sondern gar an Farbe gewonnen hat. Iommi hat auf dem leider einzigen Spätwerk der „Heaven & Hell“-Besetzung gewohnt starke Riffs zu epischen Songs geformt, und eben durch den bereits gelobten Gesang empfinde ich das Album stärker als das viel gelobte Black Sabbath-Album des Jahres 2013.

2009.2 – Jack Starr’s Burning Starr – Once And Future King

Sängerfixiert, wie ich nun einmal oft bin, ist nicht Jack Starr mein Held auf diesem Album, sondern seine Entdeckung an der Mikrofonposition: Todd Michael Hall. „Once And Future King“ lebt von seinen wundervollen, technisch hervorragend gesungenen Choreinlagen, die aus dem guten, aber vielleicht ein wenig biederen US-Metal etwas Besonderes machen. Mancher empfindet vielleicht die Produktion als zu sauber und glatt, aber das mindert meine Euphorie für das Dargebotene in keiner Weise.

2009.3 – RAM – Suomussalmi (The Few Of Iron)

Wieder ein Song, den ich in der Tat als makellos bezeichnen muss. Epischer Aufbau, atmosphärische Instrumentalparts, ein Jahrhundertrefrain, dabei stellenweise schön priestlastig. Ich weiß nicht, wie viele Male ich diese vertonte Schlacht des Winterkrieges zwischen Finnland und den Sowjets schon gehört habe, aber der Song nutzt sich nicht ab, jedes Mal verspürt meine Faust den Drang, sich zu ballen und in die Luft zu fahren.

Mission 200x - Pt. 2


2003.1 - Cage – Blood Of The Innocent

Die Musikalische Wertigkeit der Cage-Alben nimmt einen Achterbahn-ähnlichen Verlauf. Das Debut lies mich aufhorchen, der Zweitling war toll, das dritte Album eine Granate, das vierte konnte das Niveau knapp halten, anschließend ging es in voller Fahrt Talwärts. Was für mich die dritte Scheibe am wertvollsten macht, ist das Zusammenkommen von direktem, priestlastigem Songwriting mit dem variabelsten Gesang, den ich bislang von Sean Peck gehört habe. Er liefert nicht nur gnadenlos geile Halford-Screams ab, sondern lotet auch die Grenzen seiner Stimme ins extreme aus – so manche Shouts wären fast Black Metal-tauglich. Blood Of The Innocent ist ein Paradebeispiel eines klassischen Metalsongs mit schönen, zweistimmigen Gitarrenläufen der birminghamer Schule und bärenstarkem Gesang.

2003.2 – Doomsword – Heathen Assault

Akustisches Intro, theatralischer, eigenwilliger Gesang, dann ein radikales Break, das in eine epische Doomwalze allererster Güte überleitet. Allein schon die ersten beiden Minuten ziehen in mich in den Bann, wie es nur ganz selten passiert. Dieses Album ist eines der besten epischen Metalalben aller Zeiten, hier wird sogar fast das Niveau der White Goddess erreicht. Ich liebe es, wenn Musik Bilder in meinem Kopf malt, und die nebeligen Schlachtengemälde, die Doomsword auf die Leinwand zaubern, sind atemberaubend.

2003.3 – Masterplan – Soulburn

Masterplan haben mit ihrem Debut gezeigt, dass melodischer Metal der europäischen Machart erwachsen sein kann. Die Gesangslinien, die Gitarrenharmonien, die Keyboarduntermalungen – all das, was viele Kompositionen dieses Genres oft kitschig oder klebrig werden lässt – klingt hier reifer und erdiger. Es war die richtige Entscheidung, die CD anstelle des erst angedachten Michael Kiske von Jorn Lande einsingen zu lassen. Dessen wesentlich rauere und kernigere Rockröhre trägt viel zu diesem Umstand bei.

2004.1 – 3 Inches Of Blood – Deadly Sinners

Vollgas geradeaus mit Anlauf direkt in die Fresse. Zweifellos der Hit des Albums. Uptempo, minimalistisches Riffing, kratziger Gesang in höchsten Tonlagen, starker Refrain, fertig. Das war damals unglaublich frisch und spielfreudig, der Song hat einfach nur in den Arsch getreten. Das ist Metal der alten Schule, mit einem Extrakännchen Härte uns Esprit.

2004.2 – Overlorde – Snow Giant

Ich weiß, dass der Song bereits Mitte der Achtziger entstand und auf einer selbstveröffentlichten Demo-EP lokal in Umlauf kam. Trotzdem hat es bis 2004 gedauert, bis die Band ihr erstes (und leider einziges) Album veröffentlicht hat. Neben großen Epen waren auch kurze, knackige Brecher vertreten – wie eben das herausragende „Snow Giant“. Der hervorragend singenden Bobby Lucas schafft es, aus einem ohnehin schon sehr guten Song einen noch besseren zu machen. Und dazu dieses Riff, das sich tief in den Schädel frisst und nicht mehr herauskommen will – ein Ohrwurm par excellence.

2004.3 – Sacred Steel – Open Wide The Gate

Offen gesagt finde ich die ersten drei Scheiben der Schwaben nur nett, aber nicht mehr. Interessant wurde die Band für mich erst, als sie auf dem vierten Album begann, Stilmittel des extremen Metal in ihren Sound mit einzubringen. Auf dem fünften Album, Iron Blessings, hat das in Perfektion funktioniert. Open Wide The Gate – gnadenloses, extremes Schlagzeug mit Blastbeateinschüben, Gitarren an der Grenze zum Death Metal, und Growls, die wunderbare Kontrastpunkte zum hellen, hohen Klargesang setzen. Dazu ein ausladender, eingängiger Refrain – und fertig ist der vielleicht beste Song, den diese Band je komponiert hat. Nach Abwanderung der Gitarrenfraktion, die wohl für die Genrefremden Einflüsse verantwortlich waren, konnte das Niveau der Iron Blessings leide nicht mehr erreicht werden.

2005.1 – Manilla Road – Riddle Of Steel

Ich liebe diese Band und dieses Album. Gates Of Fire war mein Erstkontakt. Der Opener, Riddle Of Steel, ist direkt ein Höhepunkt der gesamten CD. Flott, virtuos getrommelt, eine schroff gesungene Strophe und ein Refrain, wie ihn nur Manilla Road schreiben können. Diese Melodie und der nasale, mystische Gesang, das wirkt auf mich beinahe sakral. Manilla Road waren für mich nie sperrig, seltsamerweise. Die Songs haben sich mir immer erschlossen, ausufernde Solos (wie auch hier) oder vertrackte Rhythmen hin oder her. Der oft gescholtene Sound – von schlecht klingender Demo war die Rede – passt meiner Meinung nach wie Arsch auf Eimer. Roh, echt, schwitzig. Das Schlagzeug deutlich im Vordergrund, die Gitarren leicht schrammelig im Sound, dennoch verschwinden keine Details im Soundbrei, alles wirkt homogen. Ich will dieses Album mit keinem anderen Klang.

2005.2 – Sieges Even – Unbreakable

Ich kenne von Sieges Even nur die beiden Spätwerke mit Arno Menses. Die sind aber beide toll. Progressiver Metal mit Tiefgang und ständig präsenter Melancholie. Der filigrane, zerbrechliche Gesang von Menses und das sehr zarte Gitarrenspiel in der ersten Songhälfte machen Unbreakable zu einem Highlight. Selbst der technisch anspruchsvolle Mittelpart verkommt nicht zur instrumentalen Selbstdarstellung. Sieges Even erreichen auf dem gesamten Album ein Niveau, das sich meines Erachtens selbst mit den Glanzlichtern von Dream Theater messen lassen kann.

2005.3 – The Vision Bleak – The Curse Of Arabia

Eine Band, die stilistisch anders gelagert ist, als nahezu alles, was ich sonst an mich heran lasse. Die auf dem Debut noch stärker vorhandene Gothic-Schlagseite wurde auf dem zweiten Album weniger präsent, dafür wurde die Songs härter und die Gitarren in ihrem Sound fast schon Death-Metal-Kompatibel. Am Gesang werden sich die Geister scheiden, sehr theatralisch und leicht murmelnd arbeitet sich Allen B. Konstanz durch die Songs. Ich mag das zweite Album, Carpathia, sehr gerne. Die Story über den Erbfall in den Karpaten, die in einer Geschichte über Lovecrafts Kutulu-Kult aufgeht, ist liebevoll und packend inszeniert, und The Curse Of Arabia mit seinen – wer hätte es geahnt – orientalischen Einsprengseln, ist einer der Höhepunkte.

Tim Miller – Willkommen in Hell, Texas

Der neueste Ableger der „Extrem“-Reihe des Festa-Verlages – so viel gleich vorweg – ist ein gelungener und gehört eindeutig zu den besseren Bänden dieser FSK18-Reihe.

Die Rahmenhandlung füllt mit Müh‘ und Not einen Bierdeckel, aber das reicht. Vier junge Studenten befahren einen einsamen texanischen Highway, werden von einem vermeintlichen Polizistenduo aufgegriffen, der illegalen Einwanderung bezichtigt, und in eine verlassene Kleinststadt weitab jeder Zivilisation verschleppt. Dort werden die vier getrennt, und der „Spaß“ beginnt. Es folgen brutalste, knallharte Abartigkeiten, wie man sie auf dieser Reihe kennt und erwartet. Das Maß an Verstümmelungen, Vergewaltigungen und bizarren Phantasien ist hoch.

Jedem zartbesaiteten Leser muss man vom Lesen dieses recht kurzen Romans (knapp über 150 Buchseiten) klar abraten. Wer aber auf der Suche nach literarischen Ergüssen der geschmacklosen Art ist, der wird hier voll bedient. Tim Miller schafft es sogar, inmitten seiner Gewaltorgien stellenweise schwarzen Humor aufkommen zu lassen, der mich zum Schmunzeln brachte.

Ein Lob an den Verlag, mich freut es bereits auf den nächsten, für Ende April angekündigten „Extrem“-Band. Alle bisherigen Romane haben mich gut unterhalten, mit einigen Ausreißern nach oben.

Dienstag, 24. Februar 2015

Mission 200x - Pt. 1

Nachdem es mir letztens großen Spaß bereitet hat, in der Musik der 90er zu schwelgen, möchte ich mir jetzt die Jahre 2000 bis 2009 vornehmen. Retrospektiv stelle ich fest, dass sich gerade in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende mein persönlicher Geschmack stark erweitert hat. Mein Metal wurde ein Stück weit roher (ja, Undergroundfetischisten werden jetzt schmunzeln) und verlor einiges an Zucker. Der typisch europäische  Melodicmetal, der lange Jahre im Fokus meiner Aufmerksamkeit stand, fand immer weniger statt. Aber dazu im Folgenden mehr – erneut mit dem Hinweis, dass es natürlich eine absolute Unmöglichkeit ist, ein ganzes Jahr mit nur drei Songs zu fassen:

2000.1 – Halford – Resurrection

Ich lehne mich gerne aus dem Fenster und erzähle oft, ob es mein gegenüber hören will oder nicht, dass Judas Priest die größte, mächtigste und beste Band aller Zeiten sind. Diese Einsicht musste ich mir aber erarbeiten. Lustiger weise habe ich diese Gottband erst in der Owensphase kennengelernt, nach einem starken Konzert und der überragenden „98‘ Live Meltdown“-CD. Mit den Halfordalben habe ich mich offen gesagt erst beschäftigt, nachdem dieser mit seinem großartigen Comeback meine Welt erschüttert hat. Technisch fast so gut wie Owens, stimmliches Charisma, wie man es kein zweites Mal findet, dazu griffige, toll produziert Songs mit der nötigen Härte und ein Klangbild, das absolut zeitgemäß war. Der Opener und Titeltrack, dem Schwestersong „Painkiller“ mindestens ebenbürtig, packt mich auch 15 Jahre später noch wie beim ersten Hören. Dieses gnadenlose Falsett, die harschen Riffs, schierer Wahnsinn.

2000.2 – Jacob’s Dream – Kinescope

Sie kamen, siegten – und verschwanden. Jacob’s Dream haben mit ihrem Debut fraglos einen absoluten Klassiker abgeliefert. Eigenständiger, an einen jungen Tate erinnernder Gesang (mit dieser schönen, dezent weinerlichen Farbe), trifft auf anspruchsvolles Songwriting, wie es typischer für leicht progressiven US-Metal nicht sein könnte. Ich kann auf dem ersten Album der Musiker aus Ohio keinen einzigen Schwachpunkt ausmachen, diese Scheibe ist fraglos eines der besten Debuts aller Zeiten. Das Zweitwerk konnte das Niveau leider nicht mehr auf volle Distanz halten, und als dann David Taylor mit seiner überragenden Stimme ausgestiegen ist, habe ich das Interesse an der Band verloren.

2000.3 – Rob Rock – Streets Of Madness

Ich bin das erste Mal über Rob Rock gestolpert, als ich mich Ende der 90er mit dem Schaffen von Axel Rudi Pell beschäftigt habe. Das von Rock eingesungene „Nasty Reputation“ gehört zu den stärkeren pellschen Veröffentlichungen, trotzdem hatte ich erst wenig Erwartungen an das Solo-Debut, das 2000 anstand. Als ich hörte, dass Roy Z für den Sound und das Songwriting (mit)verantwortlich ist, musste ich aufhorchen. Dieser hat es schließlich geschafft, Dickinson und Halford zwei großartige Comebacks zu ermöglichen. Auf dem Album sticht neben dem genialen Cover von Abbas „Eagle“ im schweren Black Sabbath-Groove das von mir auserwählte „Streets Of Madness“ heraus. Dramatische Strophen, dezent an Jon Schaffer erinnerndes Riffing und ein bombenstarker Refrain, ich liebe diese Nummer, das ganze Album, Rocks Stimme – das ist wirklich groß!

2001.1 – Beyond Twilight – Shadowland

Ein perfekter Song auf einem perfekten Album. Diese fünfeinhalb Minuten sind zu tiefst progressiv, ohne technisch zu sein. Sie sind melodiös, ohne kitschig zu sein. Sie sind eingängig, ohne simpel zu sein. Das Album wurde damals als Hybrid von Stratovarius, Candlemass und Dream Theater angepriesen. Was wie ein absoluter Widerspruch in sich klingt, trifft doch zu. Loben muss ich auch noch Jorn Lande, der diese Scheibe eingesungen hat, noch bevor er in der Szene überpräsent wurde. Am Beispiel des Tracks Shadowland sieht man, wozu die Stimmbänder dieses Mannes fähig sind. Von tiefstem Bellen über crispe, raue Zeilen hin zu wunderschönen, warmen und absolut klaren Melodiebögen setzt er Maßstäbe, die nur ganz wenige erreichen können.

2001.2 – Rawhead Rexx – Town Of Skulls

Die vier Schwaben waren Anfang des Millenniums für mich ein Gegenentwurf zum typisch deutschen Metalstoff. Das hier war straight, schnörkellos, direkt, gitarrenlastig – und wurde zu Recht mit US-Acts wie Vicious Rumors verglichen. Es gab damals Stimmen, die in der Band einen Hype sehen wollten, war doch der damalige Manager Horst Odermatt gleichzeitig Chefredakteur des „Heavy, oder was!?“ und Veranstalter das „Bang Your Head Festival“. Es gab vielleicht größere Interviews, als sie andere Newcomer erhalten hätten, es gab vielleicht bessere Plätze im Billing – aber meines Erachtens nach nur aus dem Grund, weil Horst total auf die Musik steil gegangen ist. Und das absolut zu Recht. „Town Of Skulls“, das heißt hohes Tempo, schnelle Riffs der Thorpe-Schule und ein simpler, sehr effektiver Chorus. Eine tolle Einstimmung auf eine tolle Scheibe.

2001.3 – Tenacious D – Wonderboy

Eine Band, die es schafft, derben, platten Humor mit hochklassigem Songwriting zu verbinden wie keine zweite. Dank Jack Blacks Popularität hatte die Band natürlich erhebliche Vorteile auf dem Markt, trotzdem überzeugt die Band mit ihrer Musik, nicht mit Vertriebskampagnen. Dieser mystische, gefühlvolle Einstieg in den Song, die tolle Steigerung nach der ersten Strophe, einfach wundervoll. Was es mir einfach angetan hat, das ist die variable, tolle Stimme von Black, samt ihrem sicherlich durch die Schauspielerei geprägtem narrativem Einschlag – man sollte ihn per Gesetzesbeschluss dazu zwingen, mindestens alle zwei Jahre eine Platte einzusingen.

2002.1 – Blind Guardian – Precious Jerusalem

Ich gehöre zur absoluten Minderheit derer, die sowohl das Frühwerk als auch die Alben nach dem Nightfall-Incident wertschätzen. „A Night At The Opera“ ist ein Album, das ich mir erarbeiten musste. Ich habe beim schürfen viele Juwelen gefunden – um im guardianischen Jargon zu bleiben. Precious Jerusalem ist eines davon. Der großartige Beginn mit schroffen Tribaldrums und orientalischem Flair, ergänzt von Kürsch-Chören, die alle stimmlichen Facetten zeigen, zu denen Hansi fähig ist, der dann in diesen unwiderstehlichen, verschachtelten Groove führt. Toll. Der Vorzeigemittelteil ab Minute vier. Toll. Für mich ist nicht verständlich, weshalb gerade dieses Album schlecht sein soll.

2002.2 – Majesty – Sword & Sorcery

Zwischenzeitlich von vielen belächelt, waren Majesty damals für mich der Inbegriff des nationalen Undergroundmetal. Ich erinnere mich noch genau an mein erstes Mal – mit Majesty. Es war Ende Juni 2002, ich war auf dem „Bang Your Head Festival“ zu Gast. Es gab starke Auftritte von Jag Panzer, Titan Force, Saxon, Candlemass und vielen anderen. Dazu über die Zeltplätze ziehende Händler mit selbst kopierten Fanzines. Das eine, das ich als Morgenlektüre erworben habe (den Titel weiß ich leider beim besten Willen nicht mehr), bestand gefühlt zu einem Drittel aus Majesty-Worshipping. Eine Band, die mir bis dahin überhaupt nichts sagte. Am zweiten Festivaltag lag die CD (die an diesem Wochenende erstveröffentlicht wurde) in der Auslage eines Verkaufsstandes. Allein schon aufgrund des Ken Kelly-Covers (eines seiner stimmungsvollsten) musste ich das Album ungehört erwerben. Am Sonntag, auf der Heimfahrt, landete das Album erstmalig im Spieler. Und ich habe mich ernsthaft verliebt. Die Musik war weder zeitgemäß fett produziert, noch technisch stark dargeboten oder hervorragend gesungen – aber voll mit Herzblut. Ein für mich unvergessliches Album. Danke, Tarek!

2002.3 – Soilwork – As We Speak

Die Zweitausender markieren nicht nur den Beginn meines Interesses für erdigere, untergrundigere Themen, sondern sie sind auch der Zeitraum, in dem ich meine persönlichen Geschmacksgrenzen ausgelotet habe. Ich habe die Grenzen dessen gefunden, was ich toll finde – seitdem haben sich diese auch nur minimal verschoben. „As We Speak“ ist einer dieser Titel, der für mich eine Grenzerfahrung darstellte, dahingehend, dass es das Maximum an „modernem“ Sound ist, das ich abfeiern kann. Kaltes, stark getriggertes Schlagzeug, viel seichte Elektronik, gebrüllte Vocals – all das brauche ich nicht. Wenn aber der Klargesang in der Bridge die Führung übernimmt und in einem Weltklasserefrain mündet, dann muss ich den Song einfach mögen.

Fortsetzung folgt…

Freitag, 20. Februar 2015

Edward Lee - Der Höllenbote

Eine klischeetriefende Kleinstadt in Florida, viel Sonnenschein, braungebrannte Blondinen (selbstredend mit makelloser Figur) und ein Postamt, in dem ein satanisches Relikt versteckt ist, das es einem gefallenen Dämon erlaubt, die Postangestellten zu manipulieren und zu Massenmorden anzustiften. Dazu gibt man ein paar Priesen überforderte Kleinstadtpolizei, einen weiteren Löffel Pulp (natürlich muss es eine Szene im unschuldigen, katholischen Mädcheninternat geben…), überzogene, blutrünstige Metzeleien und eine Portion Sex. Wir lernen, dass die Dämonen, die es auf die Vernichtung unserer Welt abgesehen haben, grundsätzlich immer und überall über eine sehr starke Libido verfügen. Gut, dass es in dem Kaff Danelleton keine unansehnlichen Frauen gibt und der Autor auch nie müde wird, zu erzählen, wie oft die wohlgeformten Hintern der Austrägerinnen in ihrern engen Dienstunformen spazieren getragen werden. Als sich dann die Leiterin des Postamtes in den Leiter der örtlichen Polizei verliebt, anschließend auch noch ein dubioser Hellseher mit osteuropäischem Akzent auftaucht, kann ich nicht anders, als zu Schmunzeln.

Hört sich alles an wie Schund, ist auch so.

Edward Lees Höllenbote hat mich größtenteils aufgrund des skurrilen Settings unterhalten können, das ein wenig über die farblosen Charaktere hinweghilft. Dennoch war mein siebter Lee (darunter drei Volltreffer) mein bislang Schlechtester.

Bei einem Kurs von knapp 14 Euro für die Taschenbuchversion kann ich trotz aller Sympathie für den Festa-Verlag keine Empfehlung aussprechen. Vielleser können aber gerne auf die eBook-Version für 4,99 Euro ausweichen, wenn sie Lust auf wenig gruseligen B-Film-Horror haben.

Sonntag, 8. Februar 2015

Mission 199x


Eine Dekade in 30 Songs zu fassen, das ist ein Ding der Unmöglichkeit. 30 Alben wären bereits deutlich zu wenig, um der Aufgabe auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Da wir aber an unseren Aufgaben wachsen, hier im Folgenden nun 30 Songs, 3 pro Jahr, die mir seit Langem sehr wichtig sind – innerhalb des Jahrgangs alphabetisch sortiert, ich will diese 30 Titel nicht auch noch in ein Ranking bringen. In den Neunzigern fing ich an, Musik für mich zu entdecken, habe mich in den Klang von elektrischen Gitarren verliebt, habe angefangen, diverse Stilrichtungen zu entdecken, habe angefangen, meinen ganz persönlichen Geschmack zu entwickeln.

1990.1 – Böhse Onkelz – Nekrophil

Dass meine Liste ausgerechnet mit dieser Band beginnt, liegt schlicht und einfach daran, dass für mich die Neunziger ohne diese Band nicht denkbar gewesen wären. Von allen Alben der Band ist die „Es ist soweit...“ wohl diejenige, die dem Heavy Metal am nächsten kommt. Zum Song: das gelungene Introriff, der unendliche fiese, dreckige Gesang, dazu die morbide Thematik, all das hat auf mich in den Neunzigern äußerst faszinierend und fesselnd gewirkt. Ohne die Frankfurter wäre ich nie beim Heavy Metal gelandet.

1990.2 – Gamma Ray – Heading For Tomorrow

Egal, wie sehr sie sich auf den letzten Alben bei sich selbst bedienen, egal, dass seit Langem kreative Stagnation angesagt ist: in den vermeintlich metalschwachen 90ern (was für ein Blödsinn!) waren die Jungs eine der führenden deutschen Formationen – zu Recht. Hansen hat mit seinem ersten Album nach dem Helloween-Ausstieg an das Niveau der beiden Keeper-Scheiben mindestens anknüpfen können, und mit dem damaligen Sänger Ralf Scheepers zum zweiten mal nach Kiske einen gnadenlosen Volltreffer gelandet. Der Titelsong des ersten Albums ist nicht weniger als der perfekteste Melodic-Metal-Longtrack aller Zeiten, zu jeder Minute spannend und nie langweilig werdend. Besser kann man diese Art Musik nicht spielen.

1990.3 – Judas Priest – Painkiller

Keine Liste von mir ohne einen Titel der größten und mächtigsten Band aller Zeiten. Über den Song und das Album muss man – denke ich – keine Worte mehr verlieren. Painkiller war stilprägend, ein unerwartet harter Befreiungsschlag, und Halford liefert eine unmenschliche Gesangsleistung ab. Nebenbei natürlich das geilste Drumintro aller Zeiten.

1991.1 – Cirith Ungol – Fallen Idols

Vier perfekte Alben in 10 Jahren, dann Schluss, aus und vorbei. Eine der eigenständigsten Bands aller Zeiten, gesegnet mit einem Frontmann, der direkt aus der Hölle kommen musste. Ich verstehe bis heute nicht, weshalb das letzte Album aus dem Jahr 1991 häufig als den Vorgängern nicht ebenbürtig empfunden wird. Die Band hat es geschafft, in ihren ureigenen Sound noch eine ungeheuerliche Eingängigkeit mit einzubringen, und hat schlichtweg ein paar verdammt starke Hits geschrieben – wie das getragene Fallen Idols mit seinem großartigen Hauptriff und dem Megarefrain – grandioser Schwanengesang.

1991.2 – Iced Earth – Pure Evil

Jon Schaffer hat es auf den ersten drei Studoalben geschafft, gnadenloses Riffgeschiebe und extrem variables Songwriting zu verzahnen, wie es höchstens noch Metallica auf ihren ersten drei Scheiben konnten – wobei Iced Earth ein Quäntchen düsterer, böser und härter waren. Dass Schaffer anschließend immer mehr zu simplen, kommerzielleren Songs überging, störte mich nicht, ich mag ausnahmslos alle Bandphasen. Dennoch ist das Stormrider-Album ein Meilenstein der frühen Neunziger. Pure Evil ist mein persönlicher Höhepunkt auf dem Album, variables Drumming, die wohl besten Rhythmusgitarren, die Schaffer jemals aufgenommen hat und tolle Screams im Refrain.

1991.3 – Savatage – Tonight He Grins Again

Bei allem Respekt für die starken 80er-Alben der Band, aber im hier besprochenen Jahrzehnt hat die Band meine beiden liebsten Alben ihrer Laufbahn veröffentlicht. Streets von 1991 ist eines der absolut besten Konzeptalben, die ich kenne. Kernige Riffs, tolle Soloarbeit, und über allem die einzigartige Stimme von Jon Oliva. Welchen Song man sich auch aussucht, das Album besteht nur aus Höhepunkten. Tonight He Grins Again ist die perfekte Kombination aus Bombastrock und irrsinnigem Gesang, großartig. Das andere Lieblingsalbum ist übrigens The Wake Of Magellan, aber davon hat es nichts auf die Liste geschafft.

1992.1 – Killers – The Beast Arises

Paul Di'Anno war mir von den drei Maidensängern immer am liebsten. Sein 92er Soloalbum liegt mir besonders am Herz. The Beast Arises - ich liebe diesen druckvollen, schmutzigen Gesang (ja, ich bin sehr Sängerfixiert), musikalisch schnörkellos und – erstaunlicherweise – priestlastig.

1992.2 – Manowar - Burning

Zu Hälfte neu besetzt und am stilistischen Scheideweg, trotzdem liefern Manowar einen der größten Songs des Jahres ab. Wenn nach der doomig daher galoppierenden ersten Strophe der mächtige Refrain einsetzt, und wenn Adams diesen noch mit seinen unglaublichen Schreien krönt, kann ich nicht anders, als mitzugehen.

1992.3 – W.A.S.P. - Chainsaw Charly (Murders In The Rue Morgue)

Akustisches Intro, dann flott die Kettensäge angeworfen, und los geht’s. Es ist klasse, wie wenig kopflastig dieses Konzeptalbum an sich und dieser Longtrack im speziellen ist. Blacky schafft es immer wieder, schmissige, glamrockige Melodien in den Raum zu werfen, für die andere Songwriter töten würden. Andere Bands basteln drei oder vier Refrains aus dem, was hier abgeliefert wird.

1993.1 – Meat Loaf – Everything Louder Than Everything Else

Überfrachtet mit Bombast, mehr Musical als Rocksong, kitschig theatralischer Gesang, glatter Sound. Ich weiß selbst, dass das weder Metal noch kerniger Rock ist. Es kommt auch nicht jeden Tag vor, dass ich Meat Loaf auflege, aber hey, wir reden von den Neunzigern, man erlaube mir eine kitschige Stelle :-). Positive Rock'nRoll-Vibes, instrumental toll inszeniert, ich mag das wirklich.

1993.2 – Rage – Firestorm

Zurück nach Deutschland, zurück zum schnörkellosen Metal. Vollgas, mit geilem Riff direkt in die Fresse, eingängiger Refrain, gesanglich charmant, aber nicht überragend. Firestorm ist für mich exemplarisch für das, was Rage in den frühen Neunzigern ausgemacht hat. Manni Schmidt kann man nicht genug loben, es gibt wenige Gitarristen, die dermaßen fit sind, aber immer dem Song dienlich bleiben. Riffen und Solieren kann der wie kaum ein zweiter in Deutschland.

1993.3 – Rush – Stick It Out

Kein Jahrzehnt ohne Rush. Der Weg zurück zu dominanteren Gitarren gefiel mir sehr. Man höre sich nur das Riff von Stick It Out an. Knackig, nicht im Geringsten angestaubt. Das Drumming sehr akzentuiert, der Refrain sehr eigenwillig. Rush schaffen es wie kaum jemand sonst, technisch brillant (was für eine Bassarbeit!) und komplex zu sein, ohne den Hörer auch nur eine Sekunde zu überfordern oder mit Fragezeichen vor den Augen zurückzulassen.

1994.1 – Dr. Butcher – The Altar

Schon wieder Jon Oliva? Mir doch egal! So hart wie Dr. Butcher waren Savatage nie, allein der völlige kranke Schrei ab Sekunde 50 stellt mir alle Haare auf. Kein Gedöns, kein Bombast, keine Orchestrierungen, nur mächtige Gitarren, eine pumpende Rhythmusgruppe, ganz dezente Keyboardflächen im Hintergrund, und die beste Performance von Oliva aller Zeiten.

1994.2 – Running Wild – The Privateer

Running Wild haben bei mir nicht den Stellenwerk inne, den beispielsweise Rage oder Grave Digger inne haben. Vielleicht, weil ich zu spät auf die Band aufmerksam wurde, und die Formkurve da bereits merklich nach unten zeigte. Aber ein Album – Black Hand Inn von 1994 – kommt immer wieder in den Player. Die Single Privateer vereint wirklich alles, was das Album so groß macht. Dauersperrfeuer des getriggerten Schlagzeugs, die schnellen Gitarrenläufe von Rolf, dezent folkloristisch klingende Gitarrenmelodien, ein großer Refrain. Toll.

1994.3 – Tiamat – A Pocket Sized Sun

Ex-Death-Metaller wirft alle harschen Töne über Bord und nimmt mit A Pocket Sized Sun einen der schönsten und berührendsten Song aller Zeiten auf. Klar inspiriert von Pink Floyd und den getragenen Momenten von King Crimson, aber weit weg davon, ein Rip-Off zu sein. Das ist eine Komposition für eine laue Sommernacht, wenn man Nachts um zwei nicht schlafen kann und alleine spazieren geht.

1995.1 – Blind Guardian – Imaginations From The Other Side

Der Song, der in knapp über sieben Minuten all das vereint, das die Band so groß gemacht hat: harte, gerne mal speedige Rhythmusgitarren, sehr variable Schlagzeugarbeit, sehr eigenständige Melodieführung, und natürlich Orchestrierungen und große, opulente Chöre. Damals noch sehr ausgewogen eingesetzt, ohne die Metalbasis der Songs zu verdrängen. Das war später bekanntlich anders (ich steh' auch auf die neueren Alben). Für mich ist IFTOS fast so etwas wie eine letzte Zusammenfassung der eigenen Trademarks, bevor sich die Band auf zu neuen Ufern machte.

1995.2 – Dream Theater – A Change Of Seasons

Befreit von dem Zwang, in den Kontext eines Albums passen zu müssen, ist A Change Of Seasons für mich nicht weniger, als der beste Longtrack dieser begnadeten Band. Irrsinnige Instrumentalabfahrten, enorm anspruchsvolle Rhythmusarbeit, gnadenlos komplexe Gitarrenparts, und trotzdem tauchen in den 23 Minuten immer wieder warme Gitarrensolos, Gesangslinien oder akustische Parts auf. Mir ist bewusst, dass man den Song – um ihn auch nur ansatzweise zu erfassen – 10, 15 oder 20 mal hören muss. Aber selten hat sich das so gelohnt wie hier.

1995.3 – Rammstein – Wollt Ihr Das Bett In Flammen Sehen

Weg von der Musikkunst, hin zu steriler, martialischer Konstruktion. Wir waren halbstarke Vierzehnjährige, als dieser Sound aufgeschlagen hat. Und was war hart, unglaublich hart. Man muss die Band nicht mögen, niemand kann aber abstreiten, dass dieser Sound im Mainstream Mitte der Neunziger etwas ganz neues war und die Band unzählige Massen an Nachahmern inspiriert hat. Auch heute, wenn ich diesen ganz eigenen, klinischen Gitarrensound höre, nimmt es mich noch mit.

1996.1 – Böhse Onkelz – Auf Gute Freunde

Ja, wer mir bis hierher gefolgt ist, wird womöglich die Augen verdrehen. Aber keine Sorge, die beiden anderen Songs des Jahres 1996 sind mindestens genau so plakativ ;-). Aber zurück zu „Auf Gute Freunde“. Ein schmeichelnder Rocker, Straßenkötergesang, gute Gitarren, reflektierender Text ohne Pathoskeule, besser kann man – Achtung, ducken – Deutschrock nicht machen.

1996.2 – Grave Digger – In The Dark Of The Sun

Keine Ahnung, warum diese Band so oft belächelt wird. Weil die Jungs einfach strukturierte Songs komplexen Kompositionen vorziehen? Weil Boltendahl alles andere als ein stimmlicher Schöngeist ist? Aber auf Accept steil gehen, hm? Grave Digger haben dermaßen viele Metalhymnen geschrieben, wie kaum eine andere Band. In The Dark Of The Sun lebt von einem einfachen Riff und einem großen Refrain. Manchmal reicht genau das aus.

1996.3 – Manowar – The Power

Das war nicht mehr die selbe Band, musikalisch hatte man sich von der ausladenden Epik der Ross-The-Boss-Phase verabschiedet, Logan spielte wesentlich reduzierter, ein Schlagzeuger durfte das Studio auch nicht betreten. Trotzdem liefert der Song das, was er verspricht – Kraft vom Fass. Faust hoch, Anlage laut, und dem überragenden Gesang von Eric Adams lauschen.

1997.1 – Jag Panzer – Black

Dunkler Beginn, dramatische Steigerung, grandioses Mainriff, voluminöser Weltklassegesang, garniert von wirklichen tollen Gitarrensoli. Was soll man mehr über einen der besten Jag Panzer-Songs aller Zeiten sagen?

1997.2 – Judas Priest – Cathedral Spires

Auch Judas Priest müssen eine zweite Nennung bekommen. Schließlich hatten bei den Birminghamern in diesem Jahrzeht die beiden besten Metalsänger aller Zeiten das Mikro in der Hand. Und die neue Härte im Gitarrenbereich tat der Band gut. Wenn nach zwei klaren, melodischen Minuten die Stimme erhoben wird und sich die Nummer mit einem Monsterriff hin zu einem der besten und epischsten Refrains der gesamten Bandgeschichte steigert, dann geht mir das Herz auf. Gnadenlos gut.

1997.3 – Stratovarius – Visions (Southern Cross)

Keine 90er-Show ohne Stratovarius. In meiner kleinen Welt war das damals die absolute Speerspitze des europäischen Metal. Instrumental wesentlich versierter als ähnlich gelagerte Bands wie Helloween oder Gamma Ray – alleine schon die Keys von Jens Johansson waren der Konkurrenz weit voraus. In dieser ausladenden 10 Minuten Nummer geht die Band keineswegs zu gemächlich oder übertrieben orchestral zu Werke (wie sie es beispielsweise auf den zu süßlichen Elements-Alben getan hat). Die ersten vier Minuten regiert die Doublebass, bevor ein akustisches Intermezzo Ruhe bringt, in ein tolles Solo überleitet, das wiederum den Weg für das von dezenten Chören unterstütze Finale ebnet.

1998.1 – Arena – The Hanging Tree

Düster und zu tiefst melancholisch, dabei äußerst zart. So beginnt der unstrittig beste Titel des gesamten Arena-Schaffens. Bereits die zerbrechliche Gesangszeile „Moving deeper into the land“ wird man seines Zeit seines Lebens nie mehr aus dem Gehirn bekommen. Als dann die Fragilität harscheren Tönen weicht – ohne das dunkle Element zu verlieren – zeigen Gesang und Sologitarre, wie emotional Musik sein kann. Wundervoll.

1998.2 – Ayreon – The Two Gates

Schon wieder ein Auszug aus einem Konzeptalbum. Warme, analoge Synthesizer zu Beginn, eine fette, groovende Hammondorgel mit einem rockigen, stampfigen Riff, gnadenlos gute Sänger mit genug Spielraum in der Komposition, um die jeweiligen Stärken zu zeigen. Gekrönt wird diese Nummer von einem richtig großen Refrain. Nichts wirkt hier kopflastig oder konstruiert, alles organisch.

1998.3 – Threshold - Angel

Threshold, das heißt bislang 10 Studioalben ohne Ausfall, das kann kaum jemand sonst vorweisen. Das Album „Clone“ aus dem Jahr 1998 war das erste mit dem leider viel zu früh verstorbenen Andrew McDermott. Meiner Meinung nach der Sänger, der mit seiner vollen, rauen Stimme am besten zur Band passte. „Angel“ hat alles, vom tollen Orgelintro über harte Riffs, beeindruckende Schlagzeugarbeit, einen harten Mittelpart und einen einfach nur schönen Refrain.

1999.1 – Dark At Dawn – Within The Light

In einer gerechten Welt wären Dark At Dawn groß geworden. Schnelle, leicht an Maiden erinnernde Gitarrenläufe, einzigartiger Reibeisengesang und ein Gespür für tolle Vocallines. „Within The Light“ ist ein knackiger, authentischer Underground-Metal-Song. Ohne jeden Schnörkel. Wer sowas nicht mag, muss ein böser Mensch sein :-).

1999.2 – Mercyful Fate – Church Of Saint Anne

Einer meiner liebsten M.F.-Songs. Über ein schleppendes Riff packt der Diamantenkönig seine eigenwilligen Gesangslinien und Harmoniegesänge. Der Song ist verschachtelt, ohne sperrig zu sein (ja, zugegebenermaßen immer noch easy listening im Vergleich zum Frühwerk), und der Refrain ist toll.

1999.3 – Misfits – The Forbidden Zone

Vom einen Extrem (Dream Theater mit 23 Minuten) zum Anderen. Die Misfits brauchen nur zwei Minuten und vierundzwanzig Sekunden, um mich zum rasen zu bringen. Punkige Gitarren, flottes Tempo, starke Vocals mit leichtem Rock'a'Billy-Touch, und Melodien, die sofort ins Ohre gehen. Ich habe das Album damals, 1999, rauf- und runtergehört, und stehe heute noch voll drauf.


Soviel zur unlösbaren Aufgabe, eine Dekade in 30 Songs zu fassen. So unlösbar die Aufgabe auch ist, mein Sonntag war ein sehr Gelungener.

Donnerstag, 5. Februar 2015

Overlorde - Snow Giant

Über zehn Jahre ist es her, dass das erste und einzige Album der US-Metaller „Overlorde“ erschienen ist. Meines Erachtens ist die „Return Of The Snow Giant“ zu Unrecht in der Versenkung verschwunden. Hier wird nichts anderes geboten, als reinster Heavy Metal der amerikanischen Ausprägung mit schlichtweg perfektem Gesang.

Bobby „Leather Lungs“ Lucas liefert von mittleren Tonlagen bis zu hohen Schreien dermaßen Punktgenau ab, dass es mir eine reine Freunde ist, jeder einzelnen Zeile zu lauschen. Er gehört zu den Großen seiner Riege, die es schaffen, aus einem sehr guten Song etwas noch besseres zu machen.

Man führe sich nur den eröffnenden Titeltrack zur Gemüte, wo er – flankiert von einem extrem eingängigen Riff – zeigt, welche Kraft er in seinen Lederlungen versteckt. Oder aber „When He Comes“, wo Lucas nach getragenem Beginn in tiefen Tonlagen seine ganze Bandbreite auspackt, als wäre es das einfachste der Welt – ohne dabei zu technisch oder steril zu klingen. Es bleibt immer genug Dreck in der Stimme, um eben nicht zum Kiskeklon zu werden (der trotz einer brillanten Stimme aufgrund des mangelnden Rotzes niemals in der Lage wäre, ungeschliffenen US-Metal zu veredeln).

Kurz gesagt: Bobby könnte mir das Telefonbuch vorsingen, ich wäre begeistert.

Reicht das allein zum – wenn auch fast vergessenen – Klassiker? Natürlich nicht. Und hier kommt die Band ins Spiel, die ein Dutzend formidabler Songs eingespielt hat. Überwiegend im klassischen Midtempo gehalten, mit gelegentlichen flotten Einsprengseln (freilich ohne dem Speed Metal auch nur nahe zu kommen) und zwei ausladenden, epischen Songperlen namens „Mark Of The Wolf“ und „Colossus – Island Of The Cyclops“.

Auch bezüglich des Klangbildes gibt sich die Band keine Blöße. Gitarren und Schlagzeug haben genug Druck, der Bass ist schön präsent (ein weiterer Pluspunkt, leider ist das oft nicht der Fall), der Sound ist differenziert, aber keineswegs kühl oder steril. Das Artwork ist ebenfalls herausragend gut, das Booklet toll gestaltet.

Ich kann es drehen und wenden wie ich will – das Album ist ein kleines US-Metal-Juwel, das mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

Ebenfalls großartig ist übrigens das 2013 erschienene und ebenfalls von Lucas eingesungenen Album "Giants Of Canaan" der Band "Attacker". Hier wird fast das selbe Niveau erreicht, wenn auch stilistisch ein klein wenig anders gelagert.

Donnerstag, 29. Januar 2015

Satan’s Host – Pre-Dating God

Als ich im April 2010 in Lauda-Königshofen vor der Bühne stand, um dem Reunion-Auftritt von Satan’s Host beizuwohnen, wusste ich nicht sehr viel über die Band. Harry Conklin sei wieder eingestiegen, hieß es, nachdem er die Band über 20 Jahre zuvor, nach einem vermeintlich unhörbaren Demotape, verlassen hat. Black Metal habe die Band die letzten 10 Jahre gemacht, hörte man. Da ich schon seit langen Jahren bekennender Fan von Harrys Gesang war, ihn sowohl mit Jag Panzer als auch Titan Force zuvor habe live abräumen sehen, war ich gespannt auf das, was da kommen sollte.

Als der Auftritt begann, bekam ich einen Lachanfall. Nicht aus mangelndem Respekt oder gar aus Verachtung des Dargebotenen, sondern allein der Tatsache geschuldet, dass ich gar nicht einordnen konnte, was da abgeht. Die Band hatte einen ureigenen Stil, etwas Vergleichbares war mir zuvor noch nie zu Ohren gekommen. Ausladende Songs, zahlreiche Tempovariationen von doomig-verschleppt bis hin zu Blastbeat-Ausbrüchen. Darüber die besten Screams, die ich bis dahin vom Tyrant gehört habe. Ergänzt wurde dieses monströse Erlebnis von Details wie albernen Sarggitarren und pubertär-doofen Ansagen, die ich heute noch nicht einordnen kann.

Was habe ich mich auf das erste Album der Band-Neuzeit gefreut. Als By The Hands Of The Devil endlich 2011 veröffentlicht wurde, konnte ich in aller Ruhe dieses vielschichtige, komplexe Songwriting zwischen US-Metal und Black-Metal auf mich wirken lassen.

Seit sie wieder zusammengefunden haben, sprüht die Band förmlich vor Kreativität. Nach der ebenfalls noch 2011 unter dem Banner Celebration: For The Love Of Satan veröffentlichten Neueinspielung alter Songs (sowohl aus der Conklin-Phase der 80er als auch aus der Black-Metal Phase der 00er, ergänzt um neue Songs) erschien 2013 das Album Virgin Sails. Das Überraschungsmoment war dahin, aber die Kompositionen dem Vorgängeralbum fast ebenbürtig.

Jetzt, im Januar 2015, haut die Band gleichzeitig zwei Alben auf den Markt, Pre-dating God Part 1 und Part 2. Ob es geschickt ist, das aktuelle Material auf zwei Scheiben zu verteilen, wage ich zu bezweifeln. Beide CDs zusammen kommen auf eine Spielzeit von knapp unter 81 Minuten – neben einer Coverversion von Grim Reaper’s See You In Hell taucht der Titelsong Pre-dating God in unterschiedlichen Versionen auf beiden Scheiben auf - auf der ersten im Bandtypischen Soundgewand, auf der zweiten als erdig produzierte, sehr natürliche Version. Es wäre natürlich herausragender Dienst am Hörer gewesen, hätte man sich die Covernummer und/oder die Reprise des Titelsongs geschenkt und die Scheibe am Stück veröffentlicht.

Zum Wichtigsten, zur Musik:
 
Bereits die Albumeröffnung steckt den Kurs für die folgenden 80 Minuten ab: griffige Riffs, extreme Tempovariationen innerhalb eines Songs, und Vocals, die von voluminösem Gesang in mittleren Tonlagen bis hin zu Falsett-Stimmlagen und dezent eingesetzten Death-Growls. Die vielleicht größte Kunst der Band ist es, aus diesem genreübergreifenden Potpourri spannende, schlüssige Songs zu schreiben.

Man höre sich nur den Titelsong auf der ersten CD an, nach 2 fast schon doomigen Minuten wird das Tempo angezogen und Harry haut im besten Heldentenor einen großartigen Refrain raus, wie man ihn besser nicht machen kann.

Oder aber die Nummer Descending In The Shadows Of Osiris, mein absoluter Liebling des Doppelalbums: nach balladeskem Beginn mit klaren Gitarren und einem traumhaften Solo steigert sich der Song zu einer der brillantesten Nummern, die Conklin je einsingen durfte. Alleine in den ersten beiden Minuten liefert Harry eine Leistung ab, die ein mit ähnlichem Timbre ausgestatteter Bruce Dickinson in seiner besten Zeit nicht hätte toppen können. Anschließend springt der Tyrant zwischen Growls und klarem Gesang hin und her, als ob es das natürlichste der Welt wäre, während Gitarren und Schlagzeug die gesamte Spielwiese des Metals abmähen, als ginge morgen die Welt unter, nur um in verschlepptem Tempo das Finale mit herrlichen Gitarrenleads einzuläuten.

Die zweite CD des Doppelalbums wirkt auf mich ein wenig Black-Metal-lastiger als die erste, von der abschließenden Reprise abgesehen. Ich würde jedem scheuklappenfreien Old School Metal Fan raten, von vorne zu beginnen, wohingegen die Schwarzalbenheimer besser mit der zweiten Scheibe beginnen.

Eine Anmerkung noch zum "drum herum": der Sound ist klar, differenziert und druckvoll, Gesang und Gitarren kommen wunderbar zur Geltung. Die Drums könnten für meinen Geschmack natürlicher klingen, sind aber auch nicht zu Tode sterilisiert worden, da gibt es weitaus schlimmeres. Das Artwork, zumindest in der grünen Variante, ist ganz nett, das vom Vorgänger (vom selben Künstler) war besser. Die rote Variante spricht mich weniger an, ganz davon abgesehen, dass es bei zwei einzel veröffentlichten CDs auch sehr gerne zwei Artworks hätten sein dürfen.

Mein Fazit:

Ich, als Fanboy der Band, empfinde das aktuelle Album gelungener als den tollen Vorgänger und würde es derzeit auf eine Stufe mit der ersten Reuinion-Scheibe "By The Hands Of The Devil" stellen. Ob ich das mit ein paar Monaten Abstand noch genau so sehe, sehen wir dann Ende des Jahres in meinem Rückblick.


Sonntag, 25. Januar 2015

Saracen – Redemption


Die 1976 unter dem Banner „Lammergier“ gegründete Band, die sich 1980 in „Saracen“ umbenannte, veröffentlichte 2014 leise und ohne große Werbetrommel das sechste Bandalbum.

Der Opener „Rocamadour“ ist exemplarisch für das Album, eingängiger, authentisch produzierter NWOBHM-Stoff mit streckenweise sehr präsenten Keyboards. Herrlich, wie sich der unaufdringliche Gesang in der Bridge in absolut kitschfreier Epik suhlt.

„Reacher“ begeistert mit strengeren Rhythmen und variablerem Gesang. Es kommt eine weitere Stärke der Band zu Tage: die Bridge und der Chorus schrammen so haarscharf am Kitsch vorbei, ohne ins käsige abzurutschen, wie es kaum eine Band schafft. Es ist eine große Kunst, dermaßen warme, eingängige Melodien so reif umzusetzen.

Sogar „Give Me A Sign“, die klassische Halbballade (und somit oftmals Skipkandidat für mich), kann aufgrund der vorgenannten Stärken überzeugen. Es kommen dezente Erinnerungen an die Kollegen von „Demon“ auf, die ebenfalls sehr gekonnt unaffektierten Gesang mit dezenter Epik und eingängigen Melodien verbinden.

Nach dem gefälligen Rocker „Geraldine“ (wunderschöne Gitarrenleads) kommt mit „Swords Of Damascus“ der epischste des Albums. Ich fühle mich anfangs an Genreperlen wie „Medieval Steel“ erinnert, der getragene Mittelteil samt erstklassigem Solo verleiht der Nummer aber das nötige Maß Eigenständigkeit.

„Road To Yesterday“, eine melancholische, getragene Nummer (ohne weinerlich zu sein) holt mich wieder ins hier und jetzt zurück. Ein wenig unscheinbar, der Song. Ein wenig zu gewöhnlich, die Melodieführung.

Die folgende Nummer, „Crusader“, macht mir erst Angst, die erste Minute über könnte man fast das Gefühl bekommen, die Band wolle sich an unsäglichem Dancefloor versuchen, bis mich endlich das erste Riff erlöst – der Titel für das unnötigste Songintro seit Maidens Final Frontier sei hiermit vergeben. Der Song selbst entschädigt mit einem der besten Refrains der gesamten Platte.

Mit der Nummer 8, „Catch The Wave“, wird es ein bluesiger (Gary Moore lässt ein wenig grüßen), ohne dass die Band den abgesteckten Rahmen gänzlich verlässt. Ein netter Farbklecks ist das folgende „More Than Missing You“ mit seiner deutlichen Magnum-Schlagseite. Sehr pompöse Keys und der poppigste Refrain der CD.

Auf der Zehn haben wir mit dem Titelsong den nächsten großen, epischen Moment. Das sind die Momente, die ich so sehr liebe. Äußerst Stimmungsvoll im Intro, nach zwei Minuten wird das Tempo dezent angezogen und der Chorus bringt auf den Punkt, was ich an diesem Album so schätze.

Die einzige echte Ballade „You & I“, ein Duett mit einer recht blassen Sängerin, ist unnötig Klischeeüberladen und bleibt auch nach mehrmaligem Hören eindruckslos.

An vorletzter Stelle - „Let Me See Your Hands“ - wird noch einmal locker georgelt und gerockt. Wieder schafft es der Gesang, die Nummer aufzuwerten, und die Gitarrenleads sind erneut schön verspielt.

Schlusslicht (nicht qualitativ!) ist der mit knappen acht Minuten längste Song des Albums, „Ready To Fly“. Mehrschichtig arrangierte Chöre können Sie, die nicht mehr jungen Jungs. Ein letztes Mal dürfen die Gitarren gekonnt und ausufernd solieren, ohne den Rahmen des Songs zu sprengen oder den Zuhörer zu überfordern.
 
In der Gesamtheit ein stimmiges, überzeugendes Album mit klaren Höhepunkten („Rocamadour“, „Swords Of Damascus“ und „Redemption – On The 6th Day“), das es – obwohl es mein softestes Album des vergangenen Jahres war - aus dem Stehgreif direkt in meine Top Ten 2014 geschafft haben.


Samstag, 24. Januar 2015

Arkadi & Boris Strugatzki - Picknick am Wegesrand

Russische Science Fiction aus dem Jahr 1971. Mein erster Kontakt mit einem Werk der Brüder Strugazki.

Außerirdische Intelligenz hatte Kontakt mit der Erde. Sichtungen von Besuchern werden nicht berichtet, im Mittelpunkt der Erzählung stehen die Vorkommnisse in einer der sechs Besuchszonen. Dort, in seit dem Kontakt stark kontaminierten, lebensbedrohlichen Gebieten, wurde bruchstückhafte außerirdische Technik zurückgelassen. Der Leser begleitet die Hauptperson, Roderic Schuchart, durch mehrere Etappen seines Lebens. Schuchart verdient seinen Lebensunterhalt als sogenannter Stalker, eine Person, die illegalerweise in die Zone eindringt, zurückgelassene Technik entwendet und auf dem Schwarzmarkt veräußert.

Soviel kurz zum Inhalt.

Ich hatte die Befürchtung, mich würde das selbe Problem erwarten, das mir oft bei älterer SciFi über den weg kommt. Mir stößt es immer wieder sauer auf, wenn mich Autoren vergangener Generationen mit techniklastigen Geschichten unterhalten wollen, die Grundlagen dieser Technik aber seit langen Jahren überhaupt nicht mehr dem physikalischen Weltbild entspricht. Die Brüder Strugazki umgehen dieses Problem gekonnt, indem sie Menschen in den Mittelpunkt ihrer Handlung stellen, die keinen Hehl daraus machen, nicht das Geringste von Sinn und Zweck der neuen Errungenschaften zu verstehen. Gekonnt werden daher von den Stalkern Begrifflichkeiten wie beispielsweise „Fliegenklatsche“ für unerklärliche Gravitationsfelder oder „Nullen“ für Magnetfeldbegrenzer benutzt. Das Schicksal und das Seelenleben der Betroffenen steht im Mittelpunkt, nicht die stoffliche Hinterlassenschaft der Außerirdischen. Das machte den Roman für mich lesenswert.

Was ich anmerken muss: ich bin kein Fan von zu offenen Enden, die viel Spiel für Interpretation lassen. Vielleicht bin ich dafür zu denkfaul, vielleicht bedauere ich auch das verschenkte Potenzial. So auch hier. Im (immer noch erträglich) lebensphilosophischen Schlusspart fühle ich mich zu früh allein gelassen.
 
Alles in allem eine kurzweilige Erzählung mit kantigen Charakteren, und sicherlich nicht mein letzter Roman der Brüder Strugazki.

Freitag, 23. Januar 2015

Number One

Das ist er also, der erste Beitrag dieses Blogs. Es soll ein Blog sein, der einzig und alleine dem gewidmet ist, was mich begeistert, mich bewegt oder beschäftigt.

Ich will sporadisch und unregelmäßig über Musik, Bücher oder Filme reden, von neuen Errungenschaften oder Erlebnissen erzählen, ohne den Anspruch zu haben, das Geschriebene sei in irgendeiner Form für jemand anderen als mich relevant ist.

Ich harre der Dinge, die kommen werden.