Mittwoch, 11. Mai 2016

50 Songs, die „meinen“ Metal definieren

Michael Kohsiek stellte am 06. April eine Liste mit dem folgenden Inhalt online: 50 Songs, die „seinen“ Metal definieren.

Ich wollte mir diese Gedanken ebenfalls machen. Klingt einfach, ist es aber bei weitem nicht. Es kann kein richtig und kein falsch geben, das Ganze ist lediglich eine Momentaufnahme. Vor einigen Jahren wäre das Ergebnis ein gänzlich anderes gewesen. In einigen Jahren wird es das vermutlich wieder sein. Ich habe mir erlaubt, einerseits alles zu streichen, was nicht in meine Definition des Metals passt (besonders um Ayreon und Heart Of Cygnus tut es mir leid, zwei meiner Lieblinge, die aber meines Erachtens nach zu weit neben der Metal-Schublade operieren – von den ganzen Hard Rock-Klassikern ganz zu schweigen), andererseits muss ich einmal mehr die Regel bemühen, jede Band nur einmal zu nennen. Andernfalls wäre die Liste bereits mit einer Hand voll Bands gesprengt.

Da ich meine Listen am liebsten kommentiert habe, versuche ich, jeweils eine kleine Anmerkung loszulassen.

Sortiert ist rein Alphabetisch, diese Brillanten kann ich nicht mehr Qualitativ gewichten:

3 Inches Of Blood – Deadly Sinners

Dieser Song steht aus zwei Gründen hier: einmal stehe ich total auf hohe, schneidende Vocals. Die gibt’s hier im Überfluss, und zweitens, wenn mich ein Song packt und der Refrain geil ist, dann kann ich über einen etwas sterilen Sound hinwegsehen. Deadly Sinners ist ein knackiger Hit.

Angel Witch – Angel Witch

Das vermeintliche One Hit Wonder der N.W.O.B.H.M. – was natürlich nicht stimmt. Das Debutalbum ist ein stimmiger Klassiker ohne Ausfall, die Bandhymne überstahlt die anderen Kompositionen eben mit ihrer unglaublichen Eingängigkeit. In meiner kleinen Welt sind Angel Witch nach Demon und Maiden die drittbeste N.W.O.B.H.M.-Band (nein, Priest sind nicht N.W.O.B.H.M.).

Atlantean Kodex – Heresiarch

Eine monumentale Erhabenheit, die ich so seit der dritten Doomsword-CD von 2002 nicht mehr gehört habe. Der Kodex schafft es, die Aura der Hammerheart-Scheibe mit dem schieren Stahl der frühen Manowar zu verbinden. Ein perfektes Album mit unzähligen Höhepunkten, derzeit ist Heresiarch mein klarer Favorit.

Avantasia – Reach Out For The Light

Ein Überbleibsel alter Tage, als europäischer Melodic-Metal für mich noch die Königsdisziplin war. Auffallend, dass gerade ein Jungspund mit Hilfe eines reaktivierten alten Helden ein Highlight erschafft, das für mich beständiger ist, als die eigentlichen Klassiker dieses Genres.

Beyond Twilight – Shadowland

Eine sehr starke, eigenständige Mischung. Einerseits klar, dezent poliert produziert, anderseits getragen von düsterer Stimmung. Dazu die beste Gesangsleistung von Jorn Lande. Besser klang der Mann nie. Von diabolischem Wolfsheulen bis hin zu liebreizenden Herzensmomenten alles in einer Komposition. Toll.

Blind Guardian - The Ninth Wave

Blind Guardian waren und sind in jeder Phase wichtig für mich. Auch in der jetzigen Form. Deswegen explizit ein Stück der umstrittenen Jetzt-Zeit und kein Song der alten Klassikeralben. Es gibt nur wenige Verzahnungen von Orchester und Metal, die so gut gelungen sind. Ich empfinde das als künstlerisch enorm hochwertig.

Cage - I Am The King

Das vierte Album ist bereits verschrien als plakativer Painkiller-Metal. Das trifft meines Erachtens erst auf die kommenden Scheiben zu. Die Hell Destroyer war für mich noch abwechslungsreich, die Songs sind eigenständig – und eingängig. Der Refrain von I Am The King frisst sich äußerst tief in die Hirnrinde.

Candlemass – Of Stars And Smoke

Eine Hammerband. Es musste entweder eine Perle des Nightfall-Albums sein, oder dieser Song – der beste aus der Lowe-Zeit. Da mir der Sound hier besser gefällt, ist es dieses Mal nicht Samarithan. Lowe, der vielleicht beste Doomsänger, Edling, der wohl beste Genrekomponist – was für eine Kombination.

Cirith Ungol – Fallen Idols

Cirith Ungol – vier Alben, vier Klassiker, mit Baker ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Eine unantastbare Größe. Warum ein Song vom Abschlusswerk? Das Album ist in seiner Gänze eingängiger (nicht besser), infolge dessen hat es sich mir eher erschlossen und mich nachhaltiger geprägt. Alleine schon das verzweifelte Lead im Intro, die melancholische Stimmung, dazu dieser Chorus. Eine Herzenssache.

Cloven Hoof - Astral Rider

Cloven Hoof sagten mir bis zum Erscheinen der Rerecordings 2008 gar nichts. Damals mochte ich sofort den starken Gesang von Russ North. Ich habe mich dann ein wenig durch die Vergangenheit dieser Band gehört – und habe A Sultan’s Ransom für mich entdeckt. Eine tolle Scheibe. Nicht so ungestüm wie die ersten beiden Alben, eine Spur vertrackter, aber vollgepackt mit tollem Songwriting und starkem Gesang. Der Refrain von Astral Rider krönt das Ganze noch.

Crimson Glory - Painted Skies

Zu Crimson Glory wurde ich sehr spät berufen. Durch einen grandiosen Auftritt mit Todd La Torre. Eine unglaubliche Magie wurde an diesem Abend versprüht. Seitdem kann ich die ersten beiden Alben nicht mehr aus meinem Leben wegdenken. So schnell so tief berührt hat mich Musik selten. Welcher Song? Eigentlich egal, es reihen sich auf den beiden Scheiben Volltreffer an Volltreffer.

Dark At Dawn - Within The Light

Eine der besten deutschen Bands mit einem hervorragenden und in keine Schublade passenden Sänger. Kohlrausch hat Stimmbänder wie Stahlseile. Schade, dass die Band nie richtig durchstarten konnte. Diese kombination aus tollen Vocallines, Maidenharmonien, dezenten Keys und dem testosteronstrotzenden Gesang ist geil.

Darkthrone – Canadian Metal

Der Gegenentwurf zu dem, was ich eigentlich schätze. Ich mag es gerne klar, differenziert, erstklassig gesungen. Dafür nehme ich dann auch ab und an eine gewisse Politur in Kauf. Das hier ist anders. Das ist dreckig, das poltert, das ist voller Rotz und üblen Gerüchen. Diesen Black’n’Roll, oder wie man das letztendlich nennen mag, höre ich zur Abwechslung sehr gerne. Ich möchte nicht auf Darkthrone in ihrer rotzigen Phase verzichten mögen.

Dawnbringer - Old Wizard

Nach Pharaoh meine zweitliebste Black-Baustelle. Bei Dawnbringer schwebt ein mystisches Flair mit, dass beispielsweise High Spirits komplett abgeht. Ich liebe das Nucleus-Album. So gut war Black solo weder zuvor noch danach. Old Wizard, diese intensive, schleppende Doomnummer, ist die Krone des Albums.

Demon – Blue Skies In Red Squares

Eine meiner liebsten NWOBHM-Bands. Demon waren wesentlich wandlungsfähiger als ihre Genossen, haben von Hard Rock über Prog bis Metal viele Einflüsse erstklassig verarbeitet. War das Label schuld daran, dass sie nie so groß wurden, wie es Priest und Maiden wurden? War es die Wandlungsfähigkeit? Sind sie zu wenig getourt? Demon müssten in einer gerechten Welt viel größer sein. BSIRS kann man nicht besser machen. Getragenes Intro, flottes Tempo in den Strophen, tolle Melodien. Herrlich.

Dickinson - Navigate The Seas Of The Sun

Bruce Bruce ist nur mein zweitliebster Maiden-Sänger (Asche auf mein Haupt), außerdem sehe ich seine Gesangsleistung eine Stufe unter der Krone der Schöpfung. Er singt sehr gut, keine Frage, das letzte Prozent, das ich Göttern wie Dio, Halford oder Adams attestiere, finde ich bei ihm aber nicht. Mit einer Ausnahme. Das bislang letzte Soloalbum – dort singt er göttlich. Zumal seine letzten drei Soloalben auch Qualitativ mit jedem seiner Maiden-Alben mithalten können. Mit jedem! NTSOTS sticht deswegen hervor, weil er hier ob der getragenen Struktur noch besser zur Geltung kommt.

Doomsword – Heathen Assault

Ein martialischer, barbarischer Brocken von einem Song. Sehr eigenwilliger, äußerst theatralischer Gesang, schleppendes Tempo, eine gnadenlose Walze. Ein Song, der für mich (ähnlich wie bei Atlantean Kodex) die bathorysche, naturverbundene Epik perfekt mit echtmetallischem Songwriting verbindet – und mir dadurch noch lieber ist als das Schaffen Bathorys.

Helloween – The Dark Ride

Ein Song, der hier steht, um zu zeigen, dass es mir manchmal gerade die Alben, die aus dem eigentlichen Bandkontext ein wenig ausbrechen, mehr angetan haben, als die jeweiligen Klassiker. Natürlich mag ich das Debut und die Keeper-Alben sehr gerne, natürlich war Kiske eine Liga über Deris – aber speziell das „andere“ Album, The Dark Ride, das einiges düsterer und moderner produziert war, ist mir das Liebste. Es gibt wie immer hervorragende, eingängige Songs, einen tollen Longtrack – und keinen Ausfall. Der Titeltrack steht hier deswegen, weil er meiner Meinung nach Qualitativ mit den Keeper-Longtracks mithalten kann – zusätzlich aber die eben erwähnten Besonderheiten mit sich bringt.

Iced Earth – Gettysburg

Der technisch alles überragende Owens und ein abendfüllendes Epos, das trotz der narrativen Elemente niemals die Grenzen des Metals verlässt. Großes Kino. Ich weiß, dass viele I.E.-Anhänger dem Frühwerk nachtrauern, für mich – der damals noch tief im Euro-Metal steckte – war der Brückenschlag zu aufwendiger Orchestrierung und die Steigerung der Eingängigkeit aber eine Offenbarung. Der einzige Barlow-Song, der mich ähnlich packt, ist Damien.

Iron Maiden - Phantom Of The Opera

Natürlich muss eine so szeneprägende Band wie Maiden hier vertreten sein. Und natürlich muss ich einmal mehr von mir geben, dass ich Fan der beiden Di’Anno-Alben bin. Vergleichbare Eier hatte kein anderer Maiden-Fronter. POTO ist die Blaupause aller kommenden, großen Maiden-Songs. Vertrackt, verspielt, unvorhersehbar.

Jag Panzer (Bob Parduba) - Chain Of Command

Da Harry auf dieser Liste noch zweimal gewürdigt wird, möchte ich unbedingt Parduba dabeihaben. Er sang klarer, heller, dafür weniger voluminös als der Tyrant – Jag Panzer hatten das Glück, zwei Hammersänger in ihren Reihen zu haben. Auch wenn man einen Teil der Songs in späteren Versionen mit Harry kennt, muss man das hier gehört haben.

Jack Starr’s Burning Starr - Once And Future King

Jack Starr hatte ein unglaublich gutes Händchen. Er hat aus dem Stehgreif einen richtig tollen Sänger für seine Burning Starr-Fortführung gefunden. Das Album lebt einerseits von den eingängigen Songs Starrs, andererseits aber vor allem von den tollen, gerne mehrstimmig arrangierten, klaren Gesängen Todd Michael Halls. Ich verzeihe da gerne den leblosen, nach Kunststoff riechenden Sound.

Jacob’s Dream – Kinescope

Das Debut der Band ist so ein Album, das man als Metalfan eigentlich mögen muss. Grandioses, dezent technisches Songwriting, super gespielt, zeitlos produziert, stark gesungen. Schade, dass nach einem nur noch guten Zweitling nichts zwingendes mehr gekommen ist – und vor allem der eigenständig klingende David Taylor von Bord ging. Ein Album, das auch nach 15 Jahren nichts von seiner Klasse verloren hat – und den Opener als Paradebeispiel für tolles Songwriting.

Judas Priest – Screaming For Vengeance

Die beste und einflussreichste Band der Welt muss natürlich ebenfalls genannt werden. Welchen Song aus dem unendlichen Fundus an Edelsteinen soll man da bitte auswählen? Noch dazu bei einer Band, die stilistisch so ziemlich jedes Register des Metals bedient hat? Auf jedem Album gibt es Songs, die es verdient hätten, hier zu stehen. Ich wähle ein Stück der Zeit, die wohl die einflussreichste auf die gesamte Szene war.

Leash Law – Dogface

Den Bandnamen hatte ich dunkel im Hinterkopf, da Gründungsmitglied Renstrom mal bei Rob Rock aktiv war. Die Reviews waren nicht berauschend, also hielt ich Abstand. Bis das Album für wenige Euros verramscht wurde. Ich habe mich geärgert, die Scheibe nicht viel früher gekauft zu haben. Neun knackige Songs, schillernder Gesang von Wade Black, starke Gitarrenarbeit – ein verkanntes US-Metal-Album, das viel zu wenig Gehör gefunden hat.

Manowar – Guyana

Selbstverständlich muss eine der größten Bands unseres Planeten auf dieser Liste berücksichtigt werden. Selbstverständlich mit einem Song, der die größte Stärken hervorhebt: die unnachahmliche Epik und Eric Adams. Kein Album auf dieser Welt ist mächtiger als die ersten vier Alben dieser Band – das ist die pure Definition von Epic Metal.

Manilla Road - Riddle Of Steel

Manilla Road – jahrelang das vermeintlich hässliche Entlein, heute eine respektierte und anerkannte Untergrund-Größe. Ich persönlich habe mich damals nicht mit den Vorurteilen der Band gegenüber beschäftigt, sondern mir schlicht und einfach den damals neuen Release, Gates Of Fire, aus Neugierde zugelegt. Ich habe mich recht schnell in den sehr eigenständigen Sound der Band verliebt, und da es der Erstkontakt war, ist mir dieses Album heute noch sehr wichtig. Deswegen auch hier der tolle Opener – und kein Song der frühen Klassiker.

Medieval Steel - Medieval Steel

Ja, genau, diese eine Nummer... J Klar, die übrigen Songs der EP sind gut. Auch das aktuelle Album ist toll geworden. Dennoch gibt es da diese eine Hymne, die das gesamte Bandschaffen überstrahlt. Ist einfach so, kann man nichts machen. Bei diesem Song passt einfach alles zusammen, der Spirit, der Sound, der große Refrain.

Nevermore – The Heart Collector

In meiner Welt die vielleicht beste Halbballade aller Zeiten. Emotional ohne Ende, null Kitsch, an den richtigen Stellen die nötige Härte – und Dane ist unglaublich intensiv. Ich gehöre ja zu der Minderheit, denen Nevermore mehr bedeutet als Santuary.

Nocturnal Rites - Against The World

Die Zeit des übermäßigen Melodic-Metal-Konsums ist bei mir vorbei. Dennoch gibt es ab und an Momente, da brauche ich das. Dann aber gerne die etwas gebremste und kantigere Version – wobei kantig in diesem Genre nicht zu wörtlich zu nehmen ist. Masterplan, Thunderstone – oder eben Nocturnal Rites. Against the World ist ein Hit.

Omen – Death Rider

Knackig, rotzig, und ein Sänger, der einerseits wahnsinnig rau klingt, dabei aber immer eine majestätische Erhabenheit ausstrahlt. Die ersten drei Omen-Alben sind einfach geil, um das mal so direkt zu sagen. Verspielte Leads, knackige Riffs, tolle Gesangsmelodien – man spürt jede Sekunde, dass die Jungs hoch motiviert waren, man spürt den Tatendrang und die Energie. Death Rider hat dazu noch einen Hammerrefrain.

Overlorde - Snow Giant

18 Jahre nach der Debut-EP hauen Overlorde das erste Album raus, kommt jetzt auch nicht so oft vor. Die Band beherrscht den epischen US Metal nahezu perfekt. Was sie aber auch können, sind kurze, knackige Brecher, wie den hier gewählten Titelsong. Das Album ist eine klare 10/10, Highlight ist der Wahnsinnsgesang von Lucas – für mich als Fan von hohen, schneidenden Vocals gehört der gute Mann zu den ganz Großen.

Pharaoh - By The Night Sky

Die US-Version eines großen Maiden-Epics. In Sachen Dramatik, emotionaler Tiefe, herausragender Spieltechnik und großen Melodien keinen Deut schwächer als die Höhepunkte des Jungfräulichen Schaffens. Alleine die Bridge ist geiler als die meisten Refrains anderer Bands – und wenn nach fast drei Minuten zum ersten Mal der Chorus erklingt, bekomme ich immer noch Gänsehaut.


Powerwolf - Wolves Against The World

Fetter, überproduzierter Sound? Ja, stimmt. Klischeereiterei und doofes Image? Stimmt auch. Ich verstehe ja die Argumente derjenigen, die mit den Wölfen nichts anfangen können. Wer aber die Liste bis hierher gelesen hat, der weiß, dass man mich mit einer starken Hookline einfangen kann. Und wenn die Wölfe eines können, ist es, Hits am Fließband zu schreiben. Ob das noch echter Metal ist, ob das ehrlich ist und Eier hat, das kann man ja gerne hinterfragen – dass die Jungs komponieren können, das lässt sich aber nicht bestreiten.

Primal Fear - Back From Hell

Damals wurden Primal Fear als Priest-Rip-Off belächelt. Für mich war das Album damals ein Pflichtlauf. Scheepers gehört zu den Besten seines Fachs, das Material war knackig, ich bin voll drauf abgegangen. Die Nuclear Fire läuft immer noch regelmäßig.

Queensryche - Queen Of The Reich

Aufgrund der hervorragender Qualität der Alben zwischen 1997 und 2003, also mitten in meiner metallischen Findungsphase, habe ich lang Abstand von dieser Band gehalten... Was natürlich totaler Quatsch war. Die EP und die Mindcrime sind klar 10/10, die ersten beiden Alben 9/10, und der Empire würde ich noch 8/10 geben. Von den progressiven, aber ohne Firlefanz auskommenden EP-Songs, gefällt mir vor allem Queen Of The Reich. Ein Song, der auf den Punkt bringt, was ich an dieser Band mag.

Rage - Firestorm

Rage in allen Phasen waren immer eine der wichtigsten einheimischen Bands für mich. Ich habe keine genaue Statistik, aber ich denke, ich habe keine andere Band öfter auf der Bühne gesehen als Rage. Am liebsten waren mir die Inkarnationen mit starken, individuellen Gitarristen – also die Alben mit Manni auf der einen und Smolski auf der anderen Seite. Hier ein Song der Manni-Phase, da mir unterm Strich Peavys damals abwechslungsreicherer Gesangsstil besser gefällt.

RAM - Suomussalmi (The Few Of Iron)

Das ist Priest-Worshipping der allerbesten Art und Weise. Dazu noch von einer absolut authentischen Band. Ich mochte diesen epischen, abwechslungsreichen Track schon beim ersten Durchlauf. Er überragt das Material der Alben eins bis drei deutlich. Erst mit dem letztjährigen Album haben mir RAM gezeigt, dass dieses Niveau kein einmaliger Ausrutscher nach ganz oben war. Eine tolle Hyme!

Riot - Flight Of The Warrior

15 Alben ohne wirklichen Ausfall, das ist stark. Dazu noch stilistisch so divergent, wie man das ganz selten findet. Natürlich müssen Riot auf diese Liste. Die Auswahl eines repräsentativen Songs ist entsprechend schwer. Alse suche ich gar nicht lange nach einer einigermaßen neutralen Begründung, sondern wähle den Song, der mich gerade heute wieder zum Mitsingen gebracht hat.

Rob Rock – Streets Of Madness

In meiner musikalischen Frühphase habe ich sehr viel Pell gehört. Sein zweites Album – mit Rock am Gesang – höre ich heute noch sehr gern. Ich mochte den voluminösen, ausladenden Gesang sofort. Entsprechend heiß war ich auf sein Solodebut. Ich halte das Rage of Creation-Album immer noch für absolut toll. Streets of Madness hat alles, was ein toller Metalsong braucht.

Running Wild - The Privateer

Ich liebe ja die Black Hand Inn. Klar ist das viel getriggertes Dauergeballer, aber die Songs sind zum letzten Mal durchweg stark. Rolf hat damals mit die geilste Rhythmusgitarre der ganzen Szene gespielt. Schade, dass dieser speedige, immer europäisch klingende, aber mit Eiern inszenierte Metal ein Stück weit ausgestorben ist.

Sacred Steel – Open Wide The Gate

Viele vergöttern den US-lastigen, direkten Metal der ersten beiden Alben. Ich stehe eher auf die hervorragende Melange von Oldschool-Einflüssen mit extremeren Tendenzen. Ich liebe die Momente, in denen Gerrit Growls auspackt oder die Band ein extremes Riffgewitter abruft, das über die eigentliche Schublade hinausgeht. In Folge dessen ist die Iron Blessings mein Liebling. Leider sind diese Einflüsse ja mit dem Abgang der Gitarrenfront verschwunden.

Satan’s Host – Before The Flame

Der beste Song dieser Band. Punkt. Majestätischer Gesang trifft auf verschachteltes Rhythmusspiel einschließlich gelegentlicher Geschwindigkeitsausbrüchen. Ich liebe es, wie Harry über den extremen Songparts thront, nie die Kontrolle verliert, und nach dem kurzzeitigen Ausbruch einen gottgleichen, epischen Refrain raushaut. Satan’s Host sind  spannend, äußerst individuell, und gottseidank auch noch auffallend Produktiv.

Savatage - The Wake Of Magellan

Wieder eine sehr wandlungsfähige Band, bei der ich alle Phasen zu schätzen weiß. Ich hätte mich für einen knackigen Metalsong der Frühphase entscheiden können, oder für eine der bereits orchestrierten, aber noch kernigen Perlen der Streets/Gutter-Zeit. Ganz bewusst möchte ich aber daran erinnern, dass auch die polierten, von Stevens gesungenen Nummern ihre Klasse haben. Der Refrain von TWOM packt mich auch heute noch.

Six Feet Under - Murdered In The Basement

Death Metal läuft bei mir selten, aber in der richtigen Stimmung ganz gerne. Manchmal die technische Ausprägung, manchmal die schleppende, am liebsten aber - wie hier - die dreckige, eingängige Version. Wieder eine der Bands, die aufgrund Ihrer Eingängigkeit belächelt wird. Ich werde nie verstehen, weshalb man die Grundsatzentscheidung „simpel“ oder „komplex“ treffen soll. Ich mag je nach Stimmung beides.

Soilwork - As We Speak

Ein Exempel für die Momente, in denen es moderner und steriler zugehen darf. Trotz eines glatten, eingängigen Refrains wird die Härte nicht zurückgeschraubt, die Gitarren sind komplex genug, um aus dem Song eine Metal-Nummer und kein NU-Geschrubbe zu machen. Handwerklich überragend gespielt und vor allem toll gesungen – Speed gehört unter den Schreihälsen zu den besten Sängern.

The Vision Bleak - Secrecies In Darkness

Ein Song, der gemessen an meinen Vorlieben, stilistisch ein wenig aus dem Rahmen fällt. Ich mag aber die Atmosphäre sowie die Paarung von treibenden Gitarren mit dunklem Gesang sehr gerne. Nichts für jeden Tag, aber wenn diese Liste einigermaßen repräsentativ für meinen Geschmack sein soll, dann gehören auch die „Randbereiche“ berücksichtigt.

Threshold – Choices

Ich würde Threshold nicht als Prog-Band bezeichnen. Es handelt sich fraglos um sehr versierte Musiker, das Material ist alles andere als simpel, aber bei Threshold steht der Song im Mittelpunkt. In der Phase mit Mac haben sie kein Album abgeliefert, das „nur“ gut wäre. Unter der Menge an tollen Kompositionen gehört Choices zu meinen liebsten.

Titan Force – Winner/Looser

Uns Harry, zum zweiten mal. Ich empfinde die Titan Force-Alben als zugänglicher und direkter als seine Jag Panzer-Alben. Ebenfalls finde ich, dass Harry bei T.F. mehr aus sich rausholt als bei J.P., sein Gesang gefällt mir hier noch besser. Ein ganz großer Sänger, tolle Songs, Metal mit Eiern und Herz, besser kann man das nicht machen.

Virgin Steele - Through Blood And Fire

Und zum Schluss der größte Abstieg der Metalgeschichte. Von Gottalben wie Noble Savage, The Marriage Of Heaven And Hell, Invictus hin zu The Black Light Dingsbums? Unfassbar. Aber genug der negativen Worte. In seinen guten Jahren war DeFeis ein hervorragender, eigenständiger Sänger mit unglaublichem Charisma – und ein klasse Komponist. Er schaffte es als einer der wenigen, eine erhabene epische Stimmung zu kreieren, die sich fernab von martialischen Klischees bewegt.

So, eine Mammutaufgabe, die mich über Wochen zum Grübeln brachte, ist erledigt. Lieber SMM, bitte künftig einfachere Hausaufgaben.