2003.1 - Cage – Blood Of The Innocent
Die Musikalische Wertigkeit der Cage-Alben nimmt einen
Achterbahn-ähnlichen Verlauf. Das Debut lies mich aufhorchen, der Zweitling war
toll, das dritte Album eine Granate, das vierte konnte das Niveau knapp halten,
anschließend ging es in voller Fahrt Talwärts. Was für mich die dritte Scheibe
am wertvollsten macht, ist das Zusammenkommen von direktem, priestlastigem
Songwriting mit dem variabelsten Gesang, den ich bislang von Sean Peck gehört
habe. Er liefert nicht nur gnadenlos geile Halford-Screams ab, sondern lotet
auch die Grenzen seiner Stimme ins extreme aus – so manche Shouts wären fast
Black Metal-tauglich. Blood Of The Innocent ist ein Paradebeispiel eines
klassischen Metalsongs mit schönen, zweistimmigen Gitarrenläufen der
birminghamer Schule und bärenstarkem Gesang.
2003.2 – Doomsword – Heathen Assault
Akustisches Intro, theatralischer, eigenwilliger Gesang,
dann ein radikales Break, das in eine epische Doomwalze allererster Güte
überleitet. Allein schon die ersten beiden Minuten ziehen in mich in den Bann,
wie es nur ganz selten passiert. Dieses Album ist eines der besten epischen
Metalalben aller Zeiten, hier wird sogar fast das Niveau der White Goddess
erreicht. Ich liebe es, wenn Musik Bilder in meinem Kopf malt, und die
nebeligen Schlachtengemälde, die Doomsword auf die Leinwand zaubern, sind
atemberaubend.
2003.3 – Masterplan – Soulburn
Masterplan haben mit ihrem Debut gezeigt, dass melodischer
Metal der europäischen Machart erwachsen sein kann. Die Gesangslinien, die
Gitarrenharmonien, die Keyboarduntermalungen – all das, was viele Kompositionen
dieses Genres oft kitschig oder klebrig werden lässt – klingt hier reifer und
erdiger. Es war die richtige Entscheidung, die CD anstelle des erst angedachten
Michael Kiske von Jorn Lande einsingen zu lassen. Dessen wesentlich rauere und
kernigere Rockröhre trägt viel zu diesem Umstand bei.
2004.1 – 3 Inches Of Blood – Deadly Sinners
Vollgas geradeaus mit Anlauf direkt in die Fresse.
Zweifellos der Hit des Albums. Uptempo, minimalistisches Riffing, kratziger
Gesang in höchsten Tonlagen, starker Refrain, fertig. Das war damals
unglaublich frisch und spielfreudig, der Song hat einfach nur in den Arsch
getreten. Das ist Metal der alten Schule, mit einem Extrakännchen Härte uns
Esprit.
2004.2 – Overlorde – Snow Giant
Ich weiß, dass der Song bereits Mitte der Achtziger entstand
und auf einer selbstveröffentlichten Demo-EP lokal in Umlauf kam. Trotzdem hat
es bis 2004 gedauert, bis die Band ihr erstes (und leider einziges) Album
veröffentlicht hat. Neben großen Epen waren auch kurze, knackige Brecher
vertreten – wie eben das herausragende „Snow Giant“. Der hervorragend singenden
Bobby Lucas schafft es, aus einem ohnehin schon sehr guten Song einen noch
besseren zu machen. Und dazu dieses Riff, das sich tief in den Schädel frisst
und nicht mehr herauskommen will – ein Ohrwurm par excellence.
2004.3 – Sacred Steel – Open Wide The Gate
Offen gesagt finde ich die ersten drei Scheiben der Schwaben
nur nett, aber nicht mehr. Interessant wurde die Band für mich erst, als sie
auf dem vierten Album begann, Stilmittel des extremen Metal in ihren Sound mit
einzubringen. Auf dem fünften Album, Iron Blessings, hat das in Perfektion
funktioniert. Open Wide The Gate – gnadenloses, extremes Schlagzeug mit Blastbeateinschüben,
Gitarren an der Grenze zum Death Metal, und Growls, die wunderbare Kontrastpunkte
zum hellen, hohen Klargesang setzen. Dazu ein ausladender, eingängiger Refrain –
und fertig ist der vielleicht beste Song, den diese Band je komponiert hat.
Nach Abwanderung der Gitarrenfraktion, die wohl für die Genrefremden Einflüsse
verantwortlich waren, konnte das Niveau der Iron Blessings leide nicht mehr
erreicht werden.
2005.1 – Manilla Road – Riddle Of Steel
Ich liebe diese Band und dieses Album. Gates Of Fire war
mein Erstkontakt. Der Opener, Riddle Of Steel, ist direkt ein Höhepunkt der
gesamten CD. Flott, virtuos getrommelt, eine schroff gesungene Strophe und ein
Refrain, wie ihn nur Manilla Road schreiben können. Diese Melodie und der
nasale, mystische Gesang, das wirkt auf mich beinahe sakral. Manilla Road waren
für mich nie sperrig, seltsamerweise. Die Songs haben sich mir immer
erschlossen, ausufernde Solos (wie auch hier) oder vertrackte Rhythmen hin oder
her. Der oft gescholtene Sound – von schlecht klingender Demo war die Rede –
passt meiner Meinung nach wie Arsch auf Eimer. Roh, echt, schwitzig. Das
Schlagzeug deutlich im Vordergrund, die Gitarren leicht schrammelig im Sound, dennoch
verschwinden keine Details im Soundbrei, alles wirkt homogen. Ich will dieses
Album mit keinem anderen Klang.
2005.2 – Sieges Even – Unbreakable
Ich kenne von Sieges Even nur die beiden Spätwerke mit Arno
Menses. Die sind aber beide toll. Progressiver Metal mit Tiefgang und ständig
präsenter Melancholie. Der filigrane, zerbrechliche Gesang von Menses und das sehr
zarte Gitarrenspiel in der ersten Songhälfte machen Unbreakable zu einem
Highlight. Selbst der technisch anspruchsvolle Mittelpart verkommt nicht zur
instrumentalen Selbstdarstellung. Sieges Even erreichen auf dem gesamten Album
ein Niveau, das sich meines Erachtens selbst mit den Glanzlichtern von Dream
Theater messen lassen kann.
2005.3 – The Vision Bleak – The Curse Of Arabia
Eine Band, die stilistisch anders gelagert ist, als nahezu alles,
was ich sonst an mich heran lasse. Die auf dem Debut noch stärker vorhandene
Gothic-Schlagseite wurde auf dem zweiten Album weniger präsent, dafür wurde die
Songs härter und die Gitarren in ihrem Sound fast schon Death-Metal-Kompatibel.
Am Gesang werden sich die Geister scheiden, sehr theatralisch und leicht
murmelnd arbeitet sich Allen B. Konstanz durch die Songs. Ich mag das zweite
Album, Carpathia, sehr gerne. Die Story über den Erbfall in den Karpaten, die
in einer Geschichte über Lovecrafts Kutulu-Kult aufgeht, ist liebevoll und
packend inszeniert, und The Curse Of Arabia mit seinen – wer hätte es geahnt –
orientalischen Einsprengseln, ist einer der Höhepunkte.
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