Die 1976 unter dem Banner „Lammergier“
gegründete Band, die sich 1980 in „Saracen“ umbenannte,
veröffentlichte 2014 leise und ohne große Werbetrommel das sechste
Bandalbum.
Der Opener „Rocamadour“ ist
exemplarisch für das Album, eingängiger, authentisch produzierter
NWOBHM-Stoff mit streckenweise sehr präsenten Keyboards. Herrlich,
wie sich der unaufdringliche Gesang in der Bridge in absolut
kitschfreier Epik suhlt.
„Reacher“ begeistert mit strengeren
Rhythmen und variablerem Gesang. Es kommt eine weitere Stärke der
Band zu Tage: die Bridge und der Chorus schrammen so haarscharf am
Kitsch vorbei, ohne ins käsige abzurutschen, wie es kaum eine Band
schafft. Es ist eine große Kunst, dermaßen warme, eingängige
Melodien so reif umzusetzen.
Sogar „Give Me A Sign“, die
klassische Halbballade (und somit oftmals Skipkandidat für mich),
kann aufgrund der vorgenannten Stärken überzeugen. Es kommen
dezente Erinnerungen an die Kollegen von „Demon“ auf, die
ebenfalls sehr gekonnt unaffektierten Gesang mit dezenter Epik und
eingängigen Melodien verbinden.
Nach dem gefälligen Rocker „Geraldine“
(wunderschöne Gitarrenleads) kommt mit „Swords Of Damascus“ der
epischste des Albums. Ich fühle mich anfangs an Genreperlen wie
„Medieval Steel“ erinnert, der getragene Mittelteil samt
erstklassigem Solo verleiht der Nummer aber das nötige Maß
Eigenständigkeit.
„Road To Yesterday“, eine
melancholische, getragene Nummer (ohne weinerlich zu sein) holt mich
wieder ins hier und jetzt zurück. Ein wenig unscheinbar, der Song.
Ein wenig zu gewöhnlich, die Melodieführung.
Die folgende Nummer, „Crusader“,
macht mir erst Angst, die erste Minute über könnte man fast das
Gefühl bekommen, die Band wolle sich an unsäglichem Dancefloor
versuchen, bis mich endlich das erste Riff erlöst – der Titel für
das unnötigste Songintro seit Maidens Final Frontier sei hiermit
vergeben. Der Song selbst entschädigt mit einem der besten Refrains
der gesamten Platte.
Mit der Nummer 8, „Catch The Wave“,
wird es ein bluesiger (Gary Moore lässt ein wenig grüßen),
ohne dass die Band den abgesteckten Rahmen gänzlich verlässt. Ein
netter Farbklecks ist das folgende „More Than Missing You“ mit
seiner deutlichen Magnum-Schlagseite. Sehr pompöse Keys und der
poppigste Refrain der CD.
Auf der Zehn haben wir mit dem
Titelsong den nächsten großen, epischen Moment. Das sind die
Momente, die ich so sehr liebe. Äußerst Stimmungsvoll im Intro,
nach zwei Minuten wird das Tempo dezent angezogen und der Chorus
bringt auf den Punkt, was ich an diesem Album so schätze.
Die einzige echte Ballade „You &
I“, ein Duett mit einer recht blassen Sängerin, ist unnötig
Klischeeüberladen und bleibt auch nach mehrmaligem Hören
eindruckslos.
An vorletzter Stelle - „Let Me See
Your Hands“ - wird noch einmal locker georgelt und gerockt. Wieder
schafft es der Gesang, die Nummer aufzuwerten, und die Gitarrenleads
sind erneut schön verspielt.
Schlusslicht (nicht qualitativ!) ist
der mit knappen acht Minuten längste Song des Albums, „Ready To
Fly“. Mehrschichtig arrangierte Chöre können Sie, die nicht mehr
jungen Jungs. Ein letztes Mal dürfen die Gitarren gekonnt und
ausufernd solieren, ohne den Rahmen des Songs zu sprengen oder den
Zuhörer zu überfordern.
In der Gesamtheit ein stimmiges,
überzeugendes Album mit klaren Höhepunkten („Rocamadour“,
„Swords Of Damascus“ und „Redemption – On The 6th
Day“), das es – obwohl es mein softestes Album des vergangenen
Jahres war - aus dem Stehgreif direkt in meine Top Ten 2014 geschafft
haben.
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