Donnerstag, 29. Januar 2015

Satan’s Host – Pre-Dating God

Als ich im April 2010 in Lauda-Königshofen vor der Bühne stand, um dem Reunion-Auftritt von Satan’s Host beizuwohnen, wusste ich nicht sehr viel über die Band. Harry Conklin sei wieder eingestiegen, hieß es, nachdem er die Band über 20 Jahre zuvor, nach einem vermeintlich unhörbaren Demotape, verlassen hat. Black Metal habe die Band die letzten 10 Jahre gemacht, hörte man. Da ich schon seit langen Jahren bekennender Fan von Harrys Gesang war, ihn sowohl mit Jag Panzer als auch Titan Force zuvor habe live abräumen sehen, war ich gespannt auf das, was da kommen sollte.

Als der Auftritt begann, bekam ich einen Lachanfall. Nicht aus mangelndem Respekt oder gar aus Verachtung des Dargebotenen, sondern allein der Tatsache geschuldet, dass ich gar nicht einordnen konnte, was da abgeht. Die Band hatte einen ureigenen Stil, etwas Vergleichbares war mir zuvor noch nie zu Ohren gekommen. Ausladende Songs, zahlreiche Tempovariationen von doomig-verschleppt bis hin zu Blastbeat-Ausbrüchen. Darüber die besten Screams, die ich bis dahin vom Tyrant gehört habe. Ergänzt wurde dieses monströse Erlebnis von Details wie albernen Sarggitarren und pubertär-doofen Ansagen, die ich heute noch nicht einordnen kann.

Was habe ich mich auf das erste Album der Band-Neuzeit gefreut. Als By The Hands Of The Devil endlich 2011 veröffentlicht wurde, konnte ich in aller Ruhe dieses vielschichtige, komplexe Songwriting zwischen US-Metal und Black-Metal auf mich wirken lassen.

Seit sie wieder zusammengefunden haben, sprüht die Band förmlich vor Kreativität. Nach der ebenfalls noch 2011 unter dem Banner Celebration: For The Love Of Satan veröffentlichten Neueinspielung alter Songs (sowohl aus der Conklin-Phase der 80er als auch aus der Black-Metal Phase der 00er, ergänzt um neue Songs) erschien 2013 das Album Virgin Sails. Das Überraschungsmoment war dahin, aber die Kompositionen dem Vorgängeralbum fast ebenbürtig.

Jetzt, im Januar 2015, haut die Band gleichzeitig zwei Alben auf den Markt, Pre-dating God Part 1 und Part 2. Ob es geschickt ist, das aktuelle Material auf zwei Scheiben zu verteilen, wage ich zu bezweifeln. Beide CDs zusammen kommen auf eine Spielzeit von knapp unter 81 Minuten – neben einer Coverversion von Grim Reaper’s See You In Hell taucht der Titelsong Pre-dating God in unterschiedlichen Versionen auf beiden Scheiben auf - auf der ersten im Bandtypischen Soundgewand, auf der zweiten als erdig produzierte, sehr natürliche Version. Es wäre natürlich herausragender Dienst am Hörer gewesen, hätte man sich die Covernummer und/oder die Reprise des Titelsongs geschenkt und die Scheibe am Stück veröffentlicht.

Zum Wichtigsten, zur Musik:
 
Bereits die Albumeröffnung steckt den Kurs für die folgenden 80 Minuten ab: griffige Riffs, extreme Tempovariationen innerhalb eines Songs, und Vocals, die von voluminösem Gesang in mittleren Tonlagen bis hin zu Falsett-Stimmlagen und dezent eingesetzten Death-Growls. Die vielleicht größte Kunst der Band ist es, aus diesem genreübergreifenden Potpourri spannende, schlüssige Songs zu schreiben.

Man höre sich nur den Titelsong auf der ersten CD an, nach 2 fast schon doomigen Minuten wird das Tempo angezogen und Harry haut im besten Heldentenor einen großartigen Refrain raus, wie man ihn besser nicht machen kann.

Oder aber die Nummer Descending In The Shadows Of Osiris, mein absoluter Liebling des Doppelalbums: nach balladeskem Beginn mit klaren Gitarren und einem traumhaften Solo steigert sich der Song zu einer der brillantesten Nummern, die Conklin je einsingen durfte. Alleine in den ersten beiden Minuten liefert Harry eine Leistung ab, die ein mit ähnlichem Timbre ausgestatteter Bruce Dickinson in seiner besten Zeit nicht hätte toppen können. Anschließend springt der Tyrant zwischen Growls und klarem Gesang hin und her, als ob es das natürlichste der Welt wäre, während Gitarren und Schlagzeug die gesamte Spielwiese des Metals abmähen, als ginge morgen die Welt unter, nur um in verschlepptem Tempo das Finale mit herrlichen Gitarrenleads einzuläuten.

Die zweite CD des Doppelalbums wirkt auf mich ein wenig Black-Metal-lastiger als die erste, von der abschließenden Reprise abgesehen. Ich würde jedem scheuklappenfreien Old School Metal Fan raten, von vorne zu beginnen, wohingegen die Schwarzalbenheimer besser mit der zweiten Scheibe beginnen.

Eine Anmerkung noch zum "drum herum": der Sound ist klar, differenziert und druckvoll, Gesang und Gitarren kommen wunderbar zur Geltung. Die Drums könnten für meinen Geschmack natürlicher klingen, sind aber auch nicht zu Tode sterilisiert worden, da gibt es weitaus schlimmeres. Das Artwork, zumindest in der grünen Variante, ist ganz nett, das vom Vorgänger (vom selben Künstler) war besser. Die rote Variante spricht mich weniger an, ganz davon abgesehen, dass es bei zwei einzel veröffentlichten CDs auch sehr gerne zwei Artworks hätten sein dürfen.

Mein Fazit:

Ich, als Fanboy der Band, empfinde das aktuelle Album gelungener als den tollen Vorgänger und würde es derzeit auf eine Stufe mit der ersten Reuinion-Scheibe "By The Hands Of The Devil" stellen. Ob ich das mit ein paar Monaten Abstand noch genau so sehe, sehen wir dann Ende des Jahres in meinem Rückblick.


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